Rz. 177

Auch dem Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess kann ein Mahnverfahren vorangehen (§ 703a ZPO). In diesen Mahnverfahren ist abzurechnen wie in gewöhnlichen Mahnverfahren.

Kommt es nach einem Urkunden-, Wechsel- oder Scheckmahnverfahren zur Abgabe in das streitige Verfahren, so handelt es sich beim dem Verfahren nach Abgabe automatisch um einen Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess. Die Gebühren des Mahnverfahrens sind dann auf die Verfahrens- und Terminsgebühren des Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozesses anzurechnen, nicht aber auf die des ordentlichen Verfahrens, da dieses nicht das "nachfolgende" Verfahren ist.

 

Beispiel: Anrechnung nach Urkundenmahnverfahren

Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Urkunden-Mahnverfahren über 7.500 EUR. Hiernach verhandeln die Parteien zwecks einer Einigung, die jedoch nicht zustande kommt. Daraufhin legt der Antragsgegner fristgerecht Widerspruch ein, so dass das Verfahren an das zuständige LG abgegeben wird. Dort wird im Urkundenverfahren mündlich verhandelt. Nach Erlass eines Vorbehaltsurteils wird das Nachverfahren eingeleitet und dort erneut verhandelt.

Im Mahnverfahren entsteht die Terminsgebühr für die Besprechung zur Vermeidung und Erledigung des Verfahrens (VV Vorb. 3.3.2, 3104 i.V.m. VV Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2).

Im Urkundenverfahren entsteht für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung erneut die Terminsgebühr nach VV 3104. Hierauf ist allerdings die Terminsgebühr des Urkundenmahnverfahrens anzurechnen (Anm. Abs. 4 zu VV 3104), da es sich unstreitig um ein "nachfolgendes" Verfahren handelt.

Im anschließenden Verfahren nach Abstandnahme entstehen alle Gebühren erneut, da es sich um eine neue selbstständige Gebührenangelegenheit handelt (§ 17 Nr. 5). Allerdings wird die im Urkundenverfahren entstandene Verfahrensgebühr gemäß Anm. Abs. 2 zu VV 3100 auf die Verfahrensgebühr des Verfahrens nach Abstandnahme angerechnet.

Eine Anrechnung der Terminsgebühren zwischen Urkundenverfahren und ordentlichem Verfahren nach Abstandnahme oder nach Erlass eines Vorbehaltsurteils ist dagegen nicht vorgesehen.

Eine Anrechnung der Terminsgebühr des Mahnverfahrens wiederum kommt nicht in Betracht, da diese bereits auf das nachfolgende Urkundenverfahren angerechnet worden ist und eine weitere Anrechnung auf ein nachfolgendes Verfahren nicht vorgesehen ist.

Zu rechnen ist daher wie folgt:

I. Urkundenmahnverfahren

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500,00 EUR)
  502,00 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV Vorb. 3.3.2 i.V.m. VV 3104

(Wert: 7.500,00 EUR)
  602,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.124,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   213,63 EUR
Gesamt   1.338,03 EUR

II. Streitiges Urkundenverfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 7.500,00 EUR)
  652,60 EUR
2.

anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305,

1,0 aus 7.500,00 EUR
  – 502,00 EUR
3.

1,2-Terminsgebühr, VV Vorb. 3.3.2 i.V.m. VV 3104

(Wert: 7.500,00 EUR)
  602,40 EUR
4.

anzurechnen gem. Anm. Abs. 4 zu VV 3104,

1,2 aus 7.500,00 EUR
  – 602,40 EUR
5. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 170,60 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   32,41 EUR
Gesamt   203,01 EUR

III. Streitiges Verfahren nach Vorbehaltsurteil

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 7.500,00 EUR)
  652,60 EUR
2. anzurechnen gem. Anm. Abs. 2 zu VV 3100, 1,3 aus 7.500,00 EUR   – 652,60 EUR
3.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 7.500,00 EUR)
  602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 622,40 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   118,25 EUR
Gesamt   740,65 EUR
 

Rz. 178

Wie an dem vorangegangenen Beispiel zu sehen ist, wird eine im Urkundenmahnverfahren angefallene Terminsgebühr nur auf eine Terminsgebühr des streitigen Urkundenverfahrens angerechnet, nicht dagegen auch auf die Terminsgebühr des ordentlichen Verfahrens nach Abstandnahme oder nach Erlass eines Vorbehaltsurteils. Dann kann es sich aber nicht anders verhalten, wenn im Urkundenverfahren keine Terminsgebühr entsteht. Vielmehr muss dann die Anrechnung der im Urkundenmahnverfahren entstandenen Terminsgebühr unterbleiben.

 

Beispiel: Anrechnung nach Urkundenmahnverfahren und anschließendem Übergang in das ordentliche Verfahren ohne Termin im ordentlichen Verfahren

Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Urkunden-Mahnverfahren über 7.500 EUR. Hiernach verhandeln die Parteien zwecks einer Einigung, die jedoch nicht zustande kommt. Daraufhin liegt der Antragsgegner fristgerecht Widerspruch ein, so dass das Verfahren an das zuständige LG abgegeben wird. Dort nimmt der Kläger vom Urkundenverfahren Abstand, so dass sofort im ordentlichen Verfahren mündlich verhandelt wird.

Abzurechnen ist im Prinzip wie im vorangegangenen Beispiel. Die Terminsgebühr des Mahnverfahrens bleibt jetzt jedoch anrechnungsfrei, da im nachfolgenden Urkundenverfahren keine Terminsgebühr angefallen ist. Eine Anrechnung der im Mahnverfahren entstandenen Terminsgebühr auf die Terminsgebühr des ordentlichen Verfahrens kommt nicht in Betracht.

I. Urkundenmahnverfahren

 
1.

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