Rz. 46

Zu beachten ist, dass eine Anrechnung nur vorzunehmen ist, als eine Gegenstandsidentität zwischen Mahnverfahren und streitigem Verfahren gegeben ist.[40] Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Anrechnung (vgl. Rdn 34). Hieraus folgt, dass bei Gegenstandsverschiedenheit keine Anrechnungspflicht besteht. Insofern können dem Rechtsanwalt zusätzliche Gebührenteile erhalten bleiben.

[40] OLG München AGS 2014, 512 m. Anm. N. Schneider; OLG Köln 16.5.2008 – 17 W 82/08 (n.v.); ebenso noch zur BRAGO: KG AGS 2001, 151 = JurBüro 2001, 138.

(1) Teilweise Anrechnung auf Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits bei geringerem Wert im streitigen Verfahren

 

Rz. 47

Hat das nachfolgende streitige Verfahren einen geringeren Wert, wird die Mahnverfahrensgebühr VV 3305 gemäß Anm. zu VV 3305 nur so weit angerechnet, als sich seine Gegenstände mit denen des nachfolgenden streitigen Verfahrens decken, also analog VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3, sofern die Sache abgegeben und das streitige Verfahren durchgeführt wird.

 

Beispiel: Der Anwalt erhält einen Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR. Der Antragsgegner legt fristgerecht Widerspruch ein. Das streitige Verfahren wird nur wegen einer Forderung von 5.000 EUR durchgeführt.

Angerechnet wird die Mahnverfahrensgebühr (VV 3305) nur nach dem Wert des streitigen Verfahrens, also analog VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3 nur, soweit sie nach einem Wert von 5.000 EUR entstanden wäre.[41]

I. Mahnverfahren

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500,00 EUR)
  502,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 522,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   99,18 EUR
Gesamt   621,18 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 5.000,00 EUR)
  434,20 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 5.000,00 EUR)
  400,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
4. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305, 1,0 aus 5.000,00 EUR   – 334,00 EUR
  Zwischensumme 521,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   98,99 EUR
Gesamt   619,99 EUR
[41] Hansens/Braun/Schneider, Teil 7 Rn 653.

(2) Anrechnung auf Verfahrensgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits bei höherem Wert im streitigen Verfahren

 

Rz. 48

Hat das nachfolgende streitige Verfahren einen höheren Wert, wird die Mahnverfahrensgebühr (VV 3305) gemäß Anm. zu VV 3305 nur insoweit angerechnet, als sie tatsächlich angefallen ist, soweit sich also seine Gegenstände mit denen des nachfolgenden streitigen Verfahrens decken. Anders ausgedrückt: Die Verfahrensgebühr für das Mahnverfahren ist nur in der Höhe auf die Verfahrensgebühr für das Streitverfahren nach VV 3100 anzurechnen, in der sie angefallen wäre, wenn bereits das Mahnverfahren nur in Höhe des später ermäßigten Streitbetrages betrieben worden wäre.[42]

 

Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR. Der Antragsgegner legt fristgerecht Widerspruch ein. Im streitigen Verfahren wird die Klage um 2.500 EUR erweitert.

Angerechnet wird die Mahnverfahrensgebühr (VV 3305) nur nach 7.500 EUR.

I. Mahnverfahren

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500,00 EUR)
  502,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 522,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   99,18 EUR
Gesamt   621,18 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 10.000,00 EUR)
  798,20 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 10.000,00 EUR)
  736,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
4. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305, 1,0 aus 7.500,00 EUR   – 502,00 EUR
  Zwischensumme 1.053,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   200,07 EUR
Gesamt   1.253,07 EUR

(3) Anrechnung bei mehreren Mahnverfahren nach Verbindung zu einem Klageverfahren

 

Rz. 49

In dem Fall, in dem in mehreren Mahnverfahren mehrere Mahnverfahrensgebühren entstehen und nach Widerspruch hiergegen das Verfahren zu einem verbunden wird, erfolgt eine Anrechnung ebenfalls nur dann, wenn es sich um identische Gegenstandswerte handelt. Um zu einer korrekten Anrechnung zu gelangen, ist es allerdings erforderlich, zu ermitteln, welche Forderung des Mahnverfahrens in welchem Umfang in das streitige Verfahren übergegangen ist. Anzurechnen ist nämlich nicht eine 1,0-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert, sondern jede Mahnverfahrensgebühr wird einzeln angerechnet.[43] Allerdings ist die Gesamtsumme der insgesamt anzurechnenden Beträge dann analog § 15 Abs. 3[44] auf den Betrag einer Gebühr aus dem Gesamtwert zu begrenzen.

 

Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR, über 5.000 EUR und über 10.000 EUR gegen ein und denselben Antragsgegner. Dieser legt fristgerecht Widerspruch gegen alle drei Mahnbescheide ein. Der Antragsteller beantragt durch seinen Bevollmächtigten die Verbindung aller drei Verfahren, was durch das Gericht beschlossen wird.

In den drei Mahnverfahren sind folgende Vergütungen entstanden:

I. Mahnverfahren (Wert: 7.500 EUR)

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500,00 EUR)
  502,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 522,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   99,18 EUR
Gesamt   621,18 EUR

II. Mahnverfahren (Wert: 5.000 EUR)

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 5.000,00 EUR)
  334,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 354,00 EUR  
3. 19 ...

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