Rz. 41

Eine Anrechnung hat auch auf die verkürzte Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1 zu erfolgen, d.h. in den Fällen, in denen sich die Angelegenheit durch ein vorzeitiges Auftragsende erledigt hat, ein "nachfolgender Rechtsstreit" daher im engeren Sinne also noch gar nicht existiert. Hierfür spricht, dass die Vorschrift VV 3101 Nr. 1 systematisch unter Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses fällt. Dort sind die Gebührentatbestände in den "Zivilsachen" und somit in den gerichtlichen Streitigkeiten geregelt. Ebenso wie das Entstehen der – außergerichtlichen – Terminsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2 nicht von der Anhängigkeit des Anspruchs abhängig ist, gilt dies auch für das Entstehen der Verfahrensgebühr im Fall der vorzeitigen Auftragsbeendigung. Voraussetzung ist lediglich, dass der Rechtsanwalt einen unbedingten Prozessauftrag hat. Daraus ergibt sich, dass nicht ausschließlich Gebührentatbestände im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren in Teil 3 geregelt sind.

Darüber hinaus ist streng zwischen dem gebührenrechtlichen- und prozessualen Rechtszug zu unterscheiden. Während der gebührenrechtliche Rechtszug bereits mit dem unbedingten Prozessauftrag des Mandanten beginnt, ihn in einem gerichtlichen bzw. gerichtlich noch anhängig zu machenden Verfahren zu vertreten, beginnt der prozessuale Rechtszug erst mit Anhängigkeit. Sobald also dem Anwalt ein (unbedingter) Auftrag erteilt wurde, befindet er sich vergütungsrechtlich in VV Teil 3. Insofern hat daher auch eine Anrechnung der Verfahrensgebühr VV 3305 auf die Verfahrensgebühr VV 3101 Nr. 1 zu erfolgen.

 

Rz. 42

Die Anrechnung erfolgt allerdings nur zu dem Satz, zu dem auch eine Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren entsteht, also zu 0,8.

 

Beispiel: Der Rechtsanwalt beantragt einen Mahnbescheid über 5.000 EUR. Der Gegner legt Widerspruch ein. Bevor der Anwalt auftragsgemäß Klage erhebt, zahlt der Gegner.

I. Mahnverfahren

 
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305   334,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 354,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   67,26 EUR
Gesamt   421,26 EUR

II. Klageauftrag

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, VV 3101 Nr. 1   267,20 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
3. anzurechnen 0,8 Verfahrensgebühr nach Anm. zu VV 3305   – 267,20 EUR
  Zwischensumme 20,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   3,80 EUR
Gesamt   23,80 EUR

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