Rz. 4

Jedes einzelne Vollstreckungsverfahren stellt auch in Strafsachen eine gesonderte Angelegenheit i.S.d. § 15 dar. Wird z.B. ein Verfahren auf Widerruf der Strafaussetzung eingeleitet, die Bewährung jedoch nicht widerrufen und kommt es dann später zu einem erneuten Verfahren auf Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung, dann entstehen die Gebühren insgesamt zweimal.

 

Rz. 5

Das Gleiche gilt im Falle des § 67e StGB. Jedes Überprüfungsverfahren stellt eine eigene Gebührenangelegenheit dar.[1]

 

Rz. 6

Auch dann, wenn zwei Widerrufsverfahren geführt werden, die dieselbe Strafaussetzung zur Bewährung betreffen, handelt es sich gebührenrechtlich um zwei verschiedene Angelegenheiten.[2]

 

Rz. 7

Nach LG Aachen[3] soll auch dann eine Angelegenheit vorliegen, wenn gegen den Verurteilten in zwei getrennten Verfahren die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wird, da trotz Vorliegens zweier Verfahren nur eine einheitliche Entscheidung zur Frage der Aussetzung der Maßregel anstehe, hinsichtlich der eine einheitliche Anhörung durchgeführt werde.

 

Rz. 8

Bei Beschwerden ist zu differenzieren:

Soweit sich die Beschwerde gegen eine Zwischen- oder Nebenentscheidung richtet, zählt dies noch zur jeweiligen Vollstreckungsangelegenheit und wird durch die dort verdiente Gebühr mit abgegolten.[4]
Soweit sich die Beschwerde gegen die Entscheidung in der (Vollstreckungs-)Hauptsache richtet, entstehen die Gebühren erneut (VV Vorb. 4.2). Daraus folgt, dass es sich bei der Beschwerde um eine neue Angelegenheit handelt. Nach der Neufassung des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a durch das 2. KostRMoG ist von einer gesonderten Angelegenheit auszugehen, wenn für das Beschwerdeverfahren gesonderte Gebühren vorgesehen sind. Daher entsteht im Beschwerdeverfahren insbesondere eine weitere Postentgeltpauschale nach VV 7002. Die bisherige gegenteilige Auffassung zur vorherigen Fassung[5] ist nach der Neufassung nicht mehr vertretbar.
So fällt sowohl für die Verteidigertätigkeit im Rahmen des Verfahrens über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung als auch im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen die dort ergangene Entscheidung in der Hauptsache jeweils eine Verfahrensgebühr nach VV 4200 Nr. 3[6] einschließlich einer weitere Postentgeltpauschale nach VV 7002 an.
 

Rz. 9

Zu beachten ist allerdings § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10. Das Einlegen der Beschwerde gehört für den im Ausgangsverfahren bereits tätigen Verteidiger noch zur Ausgangsinstanz.

 

Rz. 10

Nach LG Oldenburg[7] soll es sich dagegen um ein Beschwerdeverfahren handeln, wenn dem Verurteilten die Strafaussetzung zur Bewährung in drei Strafvollstreckungsverfahren jeweils mit gleichlautenden Beschlüssen widerrufen worden ist, und zwar einheitlich mit derselben Begründung, wonach der Verurteilte während der laufenden Bewährungszeit erneut straffällig geworden und deshalb auch verurteilt worden sei. Legt der Verteidiger, der eine einheitliche Vollmacht für alle drei Verfahren vorgelegt hat, durch jeweils gleichlautende Schriftsätze sofortige Beschwerde ein, die er dann durch einen einheitlichen Schriftsatz begründet, bestehe kein Zweifel daran, dass die Rechtsmittel gegen die Widerrufsbeschlüsse für den Verteidiger einheitlich zu betrachten seien und der Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit jeweils identisch war. Diese Auffassung dürfte allerdings unzutreffend sein. Solange drei Verfahren geführt und nicht verbunden werden, liegen auch verschiedene Angelegenheiten vor.

[1] Burhoff/Volpert, VV 4200, Rn 12.
[2] LG Magdeburg AGS 2010, 429 = RVGreport 2010, 183 = StraFo 2010, 172.
[3] AGS 2010, 428 = RVGreport 2010, 379 = StRR 2011, 39.
[4] Burhoff/Volpert, VV 4200, Rn 18.
[5] OLG Düsseldorf AGS 2007, 352 = StRR 2007, 83.
[6] OLG Düsseldorf AGS 2007, 352 = StRR 2007, 83.
[7] LG Oldenburg 12.9.2016 – 5 Qs 331/16, AGS 2016, 510 = RVGreport 2016, 415.

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