Gesetzestext

 
 
Nr. Gebührentatbestand Gebühr
Wahlverteidiger oder Verfahrensbevollmächtigter gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt
6101 Verfahrensgebühr…… 110,00 bis 759,00 EUR 348,00 EUR
6102 Terminsgebühr je Verhandlungstag…… 143,00 bis 1 023,00 EUR 466,00 EUR

A. Allgemeines

I. Historie

 

Rz. 1

Die Vorschriften sind durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen[1] eingeführt worden.

Bis zum 28.10.2011 war nur eine Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren geregelt (VV 6100 a.F) sowie die Terminsgebühr für die Hauptverhandlung (VV 6101 a.F.). Durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen ist eine weitere Verfahrensgebühr für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als neue VV 6100 eingeführt in worden. Die früheren VV 6100, 6101 sind dadurch aufgerückt und zu VV 6101 und 6102 geworden.

[1] Siehe dazu N. Schneider, DAR 2010, 768; Volpert, AGS 2010, 573.

II. IRG und IStGH-Gesetz-Verfahren

 

Rz. 2

In VV Teil 6 Abschnitt 1 (VV 6100, 6101, 6102) ist die Vergütung des Anwalts geregelt, der in Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) oder in Verfahren nach dem Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH-Gesetz) als Beistand tätig wird. VV 6100 regelt dabei nur die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit im behördlichen Verfahren gegenüber dem Bundesamt für Justiz in Verfahren betreffend die Bewilligung der Vollstreckung europäischer Geldsanktionen nach §§ 87 ff. IRG. VV 6101 f. enthält die Gebührenregelungen für gerichtliche Verfahren nach dem IRG und IStGH-Gesetz.

 

Rz. 3

Bei diesen Verfahren handelt es sich nicht um Strafsachen i.S.d. VV Teil 4. Daher war eine gesonderte Regelung der Vergütung erforderlich.

III. Pauschgebühr (§§ 42, 51)

 

Rz. 4

Anzuwenden sind auch die Vorschriften über die Bewilligung einer Pauschgebühr. Sofern der Gebührenrahmen für den Wahlanwalt nicht ausreicht, um seine Tätigkeit angemessen zu vergüten, kann er nach § 42 eine Pauschgebühr beantragen. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt hat die gleiche Möglichkeit nach § 51. Zuständig ist in beiden Fällen das OLG, in dessen Bezirk sich das Gericht des ersten Rechtszugs befindet (§ 42 Abs. 1 S. 1; § 51 Abs. 2).

B. Regelungsgehalt

I. Persönlicher Anwendungsbereich

1. Rechtsanwalt

 

Rz. 5

Die Gebührentatbestände der VV 6100, 6101, 6102 gelten grundsätzlich nur für den Rechtsanwalt. Nach § 40 Abs. 3 IRG i.V.m. § 138 StPO kann auch ein Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Beistand gewählt werden. Für dessen Vergütung gelten die VV 6100, 6101, 6102 nicht, sondern § 612 BGB. Die Geltung der Vorschriften der VV 6100, 6101, 6102 kann jedoch entsprechend vereinbart werden (§ 1 Rdn 110).

2. Gerichtlicher bestellter Beistand

 

Rz. 6

Für den gerichtlich bestellten Anwalt gelten jeweils die hier vorgesehenen Festgebühren. Sowohl das IRG als auch das IStGH-Gesetz sehen an zahlreichen Stellen die Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand vor (vgl. §§ 31 Abs. 2 S. 3, 33 Abs. 3, 36 Abs. 2 S. 2, 40 Abs. 2, 45 Abs. 6, 52 Abs. 2 S. 2, 53 Abs. 2, 56 und 71 Abs. 4 S. 5 IRG, §§ 31 Abs. 2, 37 Abs. 6, 46 Abs. 4 IStGH-Gesetz). Insoweit kann der Anwalt auch den Vertretenen unter den Voraussetzungen des § 52 in Anspruch nehmen.

3. Keine Beiordnung im Wege der PKH

 

Rz. 7

Die gerichtliche Beiordnung eines Anwalts im Wege der Prozesskostenhilfe ist allerdings nicht möglich. Eine Inanspruchnahme des Vertretenen gem. § 53 kommt daher nicht in Betracht.[2]

[2] OLG Hamm NStZ-RR 2002, 159.

4. Zeugenbeistand

 

Rz. 8

Die VV 6100 ff. gelten wegen VV Vorb. 6 Abs. 1 grundsätzlich auch für einen Zeugenbeistand, der für die richterliche Vernehmung eines Zeugen aufgrund eines auswärtigen Rechtshilfeersuchens bestellt worden ist. Wird aber wie in Strafsachen für den gem. § 68b StPO beigeordneten Zeugenbeistand davon ausgegangen, dass nur eine Einzeltätigkeit vorliegt, wird statt VV 6100 ff. VV 6500 angewandt werden müssen.[3]

[3] Wegen VV 6500 keine Anwendung von VV 4301 Nr. 4 (mehr) erforderlich, deshalb ist KG AGS 2008, 130 m. Anm. Volpert = RVGreport 2008, 227 überholt.

II. Sachlicher Anwendungsbereich

1. Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen – behördliches Verwaltungsverfahren (VV 6100)

 

Rz. 9

In den Verfahren über die Betreibung ausländischer Geldsanktionen findet zunächst ein behördliches Verfahren vor dem Bundesamt für Justiz statt. In diesen Verfahren entsteht die gesonderte Verfahrensgebühr nach VV 6100.

 

Rz. 10

Weitere Gebühren im Verfahren vor der Behörde entstehen nicht. Insbesondere ist hier – im Gegensatz zu Straf- und Bußgeldsachen – eine Terminsgebühr nicht möglich.

 

Rz. 11

Auch eine Grundgebühr ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen.

2. Gerichtliche Verfahren nach dem IRG

 

Rz. 12

Zu den von VV 6101 und 6102 erfassten gerichtlichen Verfahren nach dem IRG zählen:

Verfahren auf Auslieferung eines Ausländers an die Behörde eines ausländischen Staates zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung (§§ 2 bis 42 IRG);
Verfahren über die Durchlieferung eines Ausländers durch die Bundesrepublik Deutschland (§§ 43 bis 47 IRG);
Verfahren über die Rechtshilfe durch Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse (§§ 48 bis 58 IRG);
Verfahren über die sonstige Rechtshilfe (§§ 49 bis 67a IRG);
Verfahren über ausgehende Er...

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