Rz. 12

Ist der Anwalt sowohl in der Strafsache selbst tätig – sei es als Verteidiger oder als Vertreter des Privat- oder Nebenklägers – als auch hinsichtlich der im Adhäsionsverfahren geltend gemachten Ansprüche, so erhält er für den strafrechtlichen Teil die Gebühren nach den VV 4100 ff.; insoweit gelten die allgemeinen Vorschriften. Darüber hinaus erhält er für seine Tätigkeit hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche zusätzlich eine Wertgebühr nach VV 4143, 4144. Eine Anrechnung der Gebühren für das Adhäsionsverfahren auf die dem Anwalt zustehenden übrigen Gebühren findet nicht statt.[6]

 

Rz. 13

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach der jeweiligen Instanz:

 

Rz. 14

Im ersten Rechtszug erhält der Anwalt nach VV 4143 eine 2,0-Gebühr. Das gilt nach Anm. Abs. 1 auch dann, wenn im Berufungsverfahren erstmals ein Antrag nach § 403 StPO gestellt wird (Anm. Abs. 1 zu VV 4143).

 

Rz. 15

Im vorbereitenden Verfahren kann eine Gebühr nach VV 4143 nicht entstehen. Die Vorschrift spricht ausdrücklich vom erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren, zumal im vorbereitenden Verfahren noch kein Adhäsionsverfahren stattfindet und daher auch noch kein Antrag gestellt werden kann. Tätigkeiten außerhalb des gerichtlichen Verfahrens werden daher durch VV 2300 vergütet.

 

Rz. 16

Im Berufungs- und Revisionsverfahren erhält der Anwalt nach VV 4144 eine 2,5-Gebühr. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die vermögensrechtlichen Ansprüche bereits erstinstanzlich anhängig waren (Anm. Abs. 1 zu VV 4143). Darauf, ob auch der Berufungsanwalt bereits erstinstanzlich tätig war, kommt es nicht an.[7]

 

Rz. 17

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach den Beträgen des § 13, für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt ab einem Gegenstandswert von über 4.000 EUR nach den Beträgen des § 49.[8]

 

Rz. 18

Anzuwenden ist VV 1008, da es sich um eine Verfahrensgebühr handelt.[9] Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, so handelt es sich um eine Angelegenheit, so dass die Gebühren der VV 4143, 4144 nur einmal je Instanz entstehen.[10] Dabei ist zu differenzieren:

Machen die verschiedenen Adhäsionskläger Ansprüche geltend, an denen sie gemeinschaftlich beteiligt sind, erhöhen sich sowohl die 2,0-Gebühr der VV 4143 als auch die 2,5-Gebühr der VV 4144 um jeweils 0,3 je weiteren Auftraggeber höchstens um 2,0.
Machen die verschiedenen Auftraggeber jeweils eigene Ersatzansprüche geltend, so gilt § 22 Abs. 1, so dass die Mehrarbeit des Anwalts durch die Erhöhung des Gegenstandswerts vergütet wird.[11]
 

Rz. 19

Wegen des Verbots der Mehrfachverteidigung wird die Anwendung der VV 1008 nur für den Anwalt als Vertreter der Verletzten in Betracht kommen oder für den Anwalt, der mehrere Beschuldigte ausschließlich im Verfahren nach §§ 403 ff. StPO vertritt.

 

Beispiel: A ist bei einem Verkehrsunfall getötet worden. Der Unfallverursacher wird wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Die beiden hinterbliebenen Kinder machen als Nebenkläger im Adhäsionsverfahren Unterhaltsansprüche i.H.v. jeweils monatlich 1.000 EUR geltend sowie Ersatz des bei dem Unfall entstandenen Sachschadens (30.000 EUR).

Die Unterhaltsansprüche stehen den beiden hinterbliebenen Kindern jeweils alleine zu. Die Werte dieser Ansprüche (jeweils 420.000 EUR, § 23 Abs. 1 S. 1, 3 i.V.m. 48 Abs. 1 S. 1 GKG. § 9 ZPO) sind nach § 22 Abs. 1 zu addieren.[12] VV 1008 findet insoweit keine Anwendung. Der Ersatz des Sachschadens steht beiden Kindern dagegen gemeinschaftlich in ungeteilter Erbengemeinschaft zu. Insoweit erhöht sich der Gebührensatz um 0,3. Zu beachten ist § 15 Abs. 3.

Die Verfahrensgebühren nach den VV 4100 ff. erhöhen sich dagegen immer, da es hier nicht auf eine gemeinschaftliche Beteiligung ankommt.

Zu rechnen ist wie folgt:

I. Vorbereitendes Verfahren

 
1. Grundgebühr, VV 4100   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, VV 4104, 1008   235,95 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 475,95 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   90,43 EUR
Gesamt   566,38 EUR

II. Gerichtliches Verfahren

 
1. Verfahrensgebühr, VV 4106, 1008   235,95 EUR
2. Terminsgebühr, VV 4108   302,50 EUR
3.

2,0-Gebühr, VV 4143

(Wert: 840.000 EUR)
9.388,00 EUR  
4.

2,3-Gebühr, VV 4143, 1008

(Wert: 30.000 EUR)
2.196,50 EUR  
 

gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als

2,3 aus 870.000 EUR
  11.175,70 EUR
5. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 11.734,15 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   2.229,49 EUR
Gesamt   13.963,64 EUR
 

Rz. 20

Die Gebühren der VV 4143, 4144 entstehen mit der ersten Tätigkeit, also in der Regel mit der Entgegennahme der Information (VV Vorb. 4 Abs. 2).[13]

 

Rz. 21

Nach einer zum Teil vertretenen Auffassung soll die Gebühr nach VV 4143 dagegen erst entstehen, wenn der Anwalt gegenüber dem Gericht tätig wird, beginnend mit der Erklärung, dass der Anspruch geltend gemacht werde bzw. dass der von der Gegenseite geltend gemachte Anspruch abgewiesen werden solle.[14] Diese Auffassung findet im Gesetz jedoch keine Stütze. Bei den Gebühren der VV 4143, 4144 handelt es sich um Pauschgebühren, die ...

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