Rz. 1

Die VV 4143, 4144 regeln die Vergütung des Anwalts im Adhäsionsverfahren. Nach §§ 403 ff. StPO kann der Verletzte oder sein Erbe gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch im Strafverfahren – im Verfahren vor dem Amtsgericht oder im Rechtsmittelverfahren ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes – geltend machen. Dieses Verfahren sollte mit der Möglichkeit, zivilrechtliche Entschädigungsansprüche in Strafprozessen mitzuerledigen, für den Geschädigten eine erhebliche Erleichterung und für die Justiz eine Arbeitsentlastung bringen. Die Bedeutung des Adhäsionsverfahrens ist in der Praxis jedoch immer noch sehr gering. Hieran hat auch das Erste Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren nur wenig geändert. Anwälte scheuen dieses Verfahren offenbar aus der Befürchtung, Gebührenverluste zu erleiden. Darüber hinaus stößt das Verfahren häufig auf die Missbilligung des Gerichts, weil sich Strafrichter nicht gerne mit zivilrechtlichen Ansprüchen auseinandersetzen. Da eine Entscheidung des Strafrichters trotz der Beschwerdemöglichkeit nach § 406a StPO auch nicht erzwungen werden kann (§ 405 StPO), wird das Adhäsionsverfahren auch weiterhin Zukunft nur eine untergeordnete Rolle spielen, obwohl die Änderungen der VV 4143, 4144 zu einer erhöhten Attraktivität dieses Verfahrens führen sollten.

 

Rz. 2

Im Gegensatz zum früheren § 89 BRAGO unterscheiden die VV 4143, 4144 nicht danach, ob der Anwalt ausschließlich hinsichtlich der im Adhäsionsverfahren erhobenen Ansprüche tätig wird, also nicht auch in der Strafsache selbst, oder ob er zusätzlich Verteidiger oder Vertreter des Nebenklägers oder eines anderen Beteiligten ist. Es entstehen immer (ggf. neben den Gebühren der VV 4100 ff.) die zusätzlichen Gebühren nach VV 4143, 4144 (VV Vorb. 4.3 Abs. 2).

 

Rz. 3

Die Gebühr nach VV 4143 regelt die Vergütung des Anwalts, wenn vermögensrechtliche Ansprüche im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht werden. Die Vorschrift gilt auch dann, wenn die Ansprüche erstmalig im Berufungsverfahren erhoben werden (Anm. Abs. 1 zu VV 4143).

 

Rz. 4

In Anm. Abs. 2 zu VV 4143 ist eine Anrechnung der Gebühren nach VV 4143 vorgesehen, wenn der Anwalt anschließend wegen desselben Anspruchs im bürgerlichen Rechtsstreit tätig wird.

 

Rz. 5

Wird die Berufung auch über die im Adhäsionsverfahren geltend gemachten Ansprüche geführt, so richtet sich die Vergütung nach VV 4144. Eine Anrechnung auf ein nachfolgendes Verfahren vor dem Zivilgericht ist hier nicht vorgesehen.

 

Rz. 6

Eine Verweisung auf die Einigungsgebühr, wie sie noch in § 89 Abs. 4 BRAGO für den Vergleich angeordnet war, ist ebenfalls nicht mehr vorgesehen. Dass eine Einigungsgebühr möglich ist, ergibt sich schon aus der Stellung der Einigungsgebühr in VV Teil 1 (Allgemeine Gebühren) und für das Privatklageverfahren zudem aus Anm. zu VV 4147.

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