Rz. 23

Daraus, dass drei Personen vorhanden sein müssen, ergeben sich Konsequenzen für folgende Fallgruppen:

aa) Rechtsanwalt in eigener Sache

 

Rz. 24

Führt der Rechtsanwalt in einer eigenen Sache den Verkehr mit dem Verfahrensbevollmächtigten, so löst dies keine Verkehrsgebühr aus. Der Anwalt vermittelt hier nicht die Informationen, sondern erteilt sie selbst, so dass begrifflich bereits die Anwendung der VV 3400 ausgeschlossen ist.[13] Dies gilt auch für einen ausländischen Rechtsanwalt, der in eigener Sache den Verkehr mit dem deutschen Prozessbevollmächtigten führt.[14]

 

Rz. 25

Der Anwalt, der in eigener Sache den Verkehr mit dem Verfahrensbevollmächtigten führt, kann auch nicht nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO n.F. (§ 91 Abs. 2 S. 4 ZPO a.F.) im Falle des Obsiegens vom Gegner eine Kostenerstattung in Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts verlangen. Eine Kostenerstattung nach dieser Vorschrift ist nur möglich, wenn der Anwalt den entsprechenden Gebührentatbestand erfüllt. Daran fehlt es bereits, wie oben (siehe Rdn 23) ausgeführt.[15]

[13] KG JurBüro 1977, 63; JurBüro 1980, 1361; OLG Bamberg JurBüro 1979, 1063; OLG Köln JurBüro 1983, 530; OLG Düsseldorf JurBüro 1984, 766; OLG Schleswig JurBüro 1986, 884; OLG Koblenz JurBüro 1988, 616; OLG München JurBüro 1994, 546; OLG Frankfurt KostRsp. BRAGO § 52 Nr. 18; OLG Stuttgart JurBüro 1988, 142; OLG Saarbrücken OLGR 2009, 380.
[14] OLG München JurBüro 1987, 863.
[15] Hansens, BRAGO, § 52 Rn 3.

bb) Rechtsanwalt als Partei kraft Amtes

 

Rz. 26

Informiert der Anwalt als Partei kraft Amtes den Verfahrensbevollmächtigten, so fehlt es auch hier an dem für VV 3400 erforderlichen Drei-Personen-Verhältnis. Der Anwalt ist selbst Partei und vermittelt daher nicht für diese den Verkehr mit dem Verfahrensbevollmächtigten. Er selbst führt vielmehr als Partei den Verkehr, so dass auch hier die Anwendung der VV 3400 begrifflich ausgeschlossen ist. Dies gilt insbesondere für die Tätigkeit als:

Insolvenzverwalter[16]
Testamentsvollstrecker[17]
Nachlassverwalter[18]
Treuhänder.[19]
[16] KG JurBüro 1981, 1832; OLG Schleswig JurBüro 1979, 224; OLG Stuttgart JurBüro 1983, 1835; OLG Düsseldorf JurBüro 1984, 766; OLG München OLGR 1994, 36; a.A. OLG Karlsruhe KTS 1978, 260.
[17] OLG München JurBüro 1994, 546; OLG Stuttgart AnwBl 1980, 359.
[18] OLG Köln JurBüro 1978, 242.
[19] Hansens, BRAGO, § 52 Rn 5.

cc) Rechtsanwalt als gesetzlicher Vertreter

 

Rz. 27

Ist der Rechtsanwalt, der den Verkehr mit dem Verfahrensbevollmächtigten führt, gesetzlicher Vertreter einer natürlichen Person, sei es als Betreuer, Pfleger oder Vormund, so hat er keinen Anspruch auf die Gebühr nach VV 3400. Er erhält jedoch nach §§ 1908i, 1915 Abs. 1 und 1835 BGB Aufwendungsersatz in Höhe der gesetzlichen Vergütung, also nach VV 3400, wenn ein nicht rechtskundiger durchschnittlicher Betreuer, Pfleger oder Vormund einen Verkehrsanwalt hinzugezogen hätte.[20]

 

Rz. 28

Nach OLG Stuttgart erhält der zum Betreuer bestellte Rechtsanwalt keine Verkehrsgebühr.[21] Der Vergleichsverwalter erhält dagegen die Gebühr nach VV 3400.[22]

[20] KG JurBüro 1976, 1072; OLG Schleswig JurBüro 1979, 225; a.A. OLG Köln JurBüro 1973, 970; OLG Frankfurt JurBüro 1979, 714; OLG Stuttgart Rpfleger 1991, 314.
[21] Justiz 1998, 221.
[22] OLG Köln AnwBl 1983, 562.

dd) Rechtsanwalt als Vertretungsorgan einer juristischen Person

 

Rz. 29

Informiert der Rechtsanwalt als Vertretungsorgan einer juristischen Person den Verfahrensbevollmächtigten, so kommt es auf den Einzelfall an, ob er eine Gebühr nach VV 3400 verdient oder nicht.

 

Rz. 30

Soweit der Anwalt das einzige Vertretungsorgan ist, kommt VV 3400 nicht zur Anwendung, da es hier wiederum an einem Drei-Personen-Verhältnis fehlt. Als alleiniges Vertretungsorgan führt der Anwalt unmittelbar die Korrespondenz. Er vermittelt nicht zwischen der Partei und dem Verfahrensbevollmächtigten.

 

Rz. 31

Sind mehrere Vertretungsorgane vorhanden, kommt es darauf an, ob die Informationsübermittlung zu den kraft Satzung oder Vertrags bestehenden Organpflichten des Rechtsanwalts gehört. Dies wiederum ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt

Geschäftsführer einer GmbH[23]
Vereinsvorstand[24] oder
Liquidator einer KG

ist.[25]

 

Rz. 32

Zählt die Informationsvermittlung dagegen nicht zu den Organpflichten des Rechtsanwalts, dann kann er, wenn er von der juristischen Person beauftragt wird, eine Gebühr nach VV 3400 berechnen.[26]

 

Beispiel: Der Rechtsanwalt ist Hauptkassierer eines eingetragenen Vereins. In einem Rechtsstreit wird er beauftragt, mit dem auswärtigen Prozessbevollmächtigten den Verkehr zu führen.

Zu den Pflichten eines Hauptkassierers gehört nicht die Information eines Prozessbevollmächtigten; dies ist Aufgabe des Vorsitzenden. Daher kann der Anwalt in diesem Fall die Gebühr nach VV 3400 verdienen.

[23] KG JurBüro 1977, 63.
[24] OLG München JurBüro 1982, 1034.
[25] OLG Köln JurBüro 1978, 69 und JurBüro 1978, 241.
[26] KG JurBüro 1987, 1396.

ee) Der Rechtsanwalt ist Familienangehöriger der Partei

 

Rz. 33

Kontrovers wird ferner die Frage behandelt, ob der Anwalt, der mit der Partei verheiratet ist oder in einem anderweitigen engen familiären oder verwandtschaftlichen Verhältnis zu ihr steht, eine Gebühr nach VV 3400 verdienen kann. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, der ...

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