Rz. 2

Aufgebotssachen sind Verfahren, in denen das Gericht öffentlich zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten auffordert, mit der Wirkung, dass die Unterlassung der Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat; sie finden nur in den durch Gesetz bestimmten Fällen statt (§ 433 FamFG).

Durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) wurde das Verfahren aus der ZPO (6. Buch) mit Wirkung zum 1.9.2009 herausgenommen und in das FamFG übertragen. Dort ist das Aufgebotsverfahren in den §§ 433 bis 484 FamFG geregelt.

Es ist fraglich, ob unter diese Regelung lediglich die Aufgebotsverfahren des FamFG fallen oder ob sämtliche Aufgebotsverfahren hiervon ergriffen werden. Während § 45 Abs. 1 BRAGO a.F. enumerativ die Verfahren nach §§ 946 bis 965, 959, 977 bis 1024 ZPO aufzählte, fehlt nach VV 3324 ein solcher Katalog.

 

Rz. 3

Im Einzelnen werden folgende FamFG-Verfahren erfasst:

Ausschließung des Grundeigentümers (§ 927 BGB, §§ 442 bis 446 FamFG)
Ausschließung eines Grundpfandgläubigers oder eines anderen dinglich Berechtigten (§§ 887, 1104, 1112, 1170 f. BGB, §§ 447 bis 453 FamFG)
Ausschließung eines Nachlass-, Gesamtgut- oder Schiffsgläubigers (§ 1970, 1489 BGB, § 110 BinnSchiffG, §§ 454 bis 464 FamFG)
Aufgebot der Schiffsgläubiger (§ 465 FamFG)
Kraftloserklärung einer Urkunde (§§ 466 bis 484 FamFG)
 

Rz. 4

Aufgebotsverfahren, die landesrechtlich geregelt werden (vgl. §§ 490, 491 FamFG), soweit sie nicht auf obige Vorschriften des FamFG verweisen, sowie solche auf private Aufforderung waren von der Vorgängerregelung § 45 BRAGO a.F. nicht umfasst. Da allerdings eine Aufzählung bzgl. der Verfahren in VV 3324 nicht mehr vorhanden ist, ergibt sich daraus, dass auch solche Verfahren nach dieser Regelung zu vergüten sind. Gegensätzliche Anhaltspunkte hierzu lassen sich auch nicht der Gesetzesbegründung entnehmen.

 

Rz. 5

In jedem Fall werden auch solche Verfahren, bei denen die Regelungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten, nach der Vorschrift erfasst. Dies wäre z.B.:

Aufgebot im Falle der Kraftloserklärung eines Erbscheins nach § 2361 BGB
Aufgebot zur Beseitigung einer Doppelbuchung nach §§ 10 ff. AusfVO GBO
Aufgebot von Nachlassgläubigern nach § 2061 BGB

In diesen Fällen gilt daher auch die Regelung VV 3324.

 

Rz. 6

Von VV 3324 nicht erfasst werden Aufgebotsverfahren, welche nicht vor einem Gericht stattfinden, ebenso nicht in Beschwerdeverfahren.[1] Hier erhält der Rechtsanwalt seine Vergütung gemäß VV 2300, 3500, 3513. Darunter zählen z.B.:[2]

Aufgebote von Postsparbüchern (§ 18 Postsparkassenordnung) sowie von Sparkassenbüchern, wenn diese durch die Sparkassen selbst erfolgen
Kraftloserklärung von Aktien (§ 73 AktG)
Kraftloserklärungen ohne Aufgebot (§§ 176, 1507, 2361, 2368 BGB; §§ 64, 226 AktG) sowie Aufgebote, die keine Rechtsnachteile nach sich ziehen (z.B. §§ 1965, 2358 BGB)
[1] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3324 Rn 4, 6.
[2] Mayer/Kroiß/Gierl, RVG, VV 3321 Rn 4 m.w.N.

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