1. Allgemeines

 

Rz. 6

Während im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung nur der Gläubiger und der Schuldner Parteien des Verfahrens sind, besteht in dem Verfahren nach dem ZVG zusätzlich zu diesem Einzelverfahren ein Gesamtverfahren, an dem alle an dem Vollstreckungsobjekt beteiligten Personen ihre Rechte geltend machen können ("Beteiligtenverfahren"). So laufen z.B. Fristen für jeden Gläubiger gesondert, andererseits erfolgt nur ein Zuschlag und der Versteigerungserlös steht allen Berechtigten zu. In VV Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 4 wird im Zwangsversteigerungsverfahren – anders als im Verfahren der Zwangsverwaltung – nicht danach unterschieden, für wen der Rechtsanwalt tätig geworden ist. Der Gebührensatz von 0,4 der Verfahrensgebühr im Zwangsversteigerungsverfahren ist somit unabhängig davon, ob der Rechtsanwalt einen Beteiligten oder einen Bieter vertritt. Der Grund dafür ist das auch bei Vertretung eines Bieters hohe Haftungsrisiko für den Rechtsanwalt.[5] Insoweit erfolgt jedoch eine Differenzierung über den Gegenstandswert, vgl. § 26.

 

Rz. 7

Zur Frage der Vertretung mehrerer Auftraggeber sowie des Begriffs der Angelegenheit vgl. VV Vor 3311–3312 Rdn 4 ff., 7 ff.

[5] BT-Drucks 15/1971, S. 215 zu VV 3311.

2. Verfahrensgebühr (VV 3311)

a) Pauschgebühr

 

Rz. 8

Durch Anm. Nr. 1 und 2 zu VV 3311 werden die Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in der Weise geregelt, dass das gesamte Verfahren der Zwangsversteigerung in zwei Phasen aufgegliedert und für jede dieser Phasen gesondert eine Pauschgebühr mit einem Gebührensatz von 0,4 eingeführt wird. Dies hat zur Folge, dass zum einen sämtliche Tätigkeiten innerhalb der jeweiligen Phase mit der Verfahrenspauschgebühr abgegolten sind, zum anderen erhält der Anwalt die Verfahrenspauschgebühr völlig unabhängig davon, ob er nur eine, mehrere oder gar alle Tätigkeiten innerhalb der Phase ausgeübt hat. Zusätzlich können weitere Verfahrensgebühren anwachsen durch die in Anm. Nr. 6 zu VV 3311 aufgeführten Tätigkeiten, nämlich im Verfahren über Anträge auf einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung (z.B. gemäß § 765a ZPO) und einstweilige Einstellung des Verfahrens (z.B. gemäß § 30a ZVG) einerseits und für Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner mit dem Ziel der Aufhebung des Verfahrens andererseits.

b) Tätigkeit im Zwangsversteigerungsverfahren (Anm. Nr. 1 zu VV 3311)

 

Rz. 9

Im Einzelnen kann der Rechtsanwalt gemäß Anm. Nr. 1 zu VV 3311 die Verfahrensgebühr zunächst für seine Tätigkeit(en) im Zwangsversteigerungsverfahren vom Antrag bis zur Bestimmung des Verteilungstermins (§ 105 ZVG) erhalten, wobei die Wahrnehmung der Versteigerungstermine selbst aber ausgenommen bleibt; für Letztere ist mit der Terminsgebühr gemäß VV 3312 eine eigene Regelung getroffen worden. Mit ihr abgegolten sind daher sämtliche Tätigkeiten, die in diesen Zeitabschnitt fallen. Dazu gehören u.a.:[6]

die Informationsbeschaffung;
sämtliche in § 18 Abs. 1 Nr. 1 und § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9, 12, 13 und 16 sowie § 19 Abs. 2 aufgeführten Tätigkeiten, also z.B. die Beschaffung des Notfristzeugnisses, des Rechtskraftzeugnisses, der Vollstreckungsklausel, soweit kein Fall des § 731 ZPO vorliegt;
die Zustellung des Urteils, der Klausel und der sonstigen gemäß § 750 ZPO notwendigen Urkunden;
die Beschaffung eines Grundbuchzeugnisses gemäß § 17 Abs. 2 ZVG;[7]
die Stellung des Versteigerungsantrags (§ 15 ZVG);
die Stellung sonstiger Anträge wie z.B. Erlass eines Zahlungsverbots (§ 22 Abs. 2 ZVG), auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 25 ZVG), auf gerichtliche Verwaltung gegen den Ersteher (§ 94 ZVG);
der Antrag auf Beitritt eines Gläubigers (§ 27 ZVG);
die Vertretung in einem Vortermin (§ 62 ZVG);
die Vorbereitung des Versteigerungstermins;
die Wahrnehmung eines besonderen Verkündungstermins (§ 87 ZVG);
die Vertretung beim Wertfestsetzungsverfahren (§ 74a ZVG);
das Verfahren der Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung, wenn der Schuldner – wie regelmäßig – nicht gehört wurde, so dass ein Fall von § 18 Abs. 1 Nr. 3 nicht vorliegt.[8]
 

Rz. 10

Da es sich um eine Pauschgebühr handelt, kommt es auf den Umfang der Tätigkeit nicht an, ebenso wenig darauf, ob der Anwalt nur eine einzelne oder mehrere der in diesen Zeitraum fallenden Tätigkeiten ausübt. Aus diesem Grunde ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auch nicht, wenn der Anwalt zwar tätig geworden ist, es aber letztlich nicht zur Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens kommt.[9] Ist der Auftrag an den Rechtsanwalt von vornherein darauf gerichtet, eine Zwangsversteigerung zu vermeiden, und kommt es letztlich auch nicht dazu, wären die Bemühungen des Rechtsanwalts eigentlich nach VV 2300 mit einem Gebührensatz von 0,5 bis 2,5 abzurechnen. Dabei würde sich aber ein Wertungswiderspruch insoweit ergeben, als der Rechtsanwalt für die vergleichbare Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren geringer honoriert würde (Gebührensatz 0,4) als bei bloßer außergerichtlicher Tätigkeit. Daher ist in einem solchen Fall nach VV 3311 abzurechnen.[10]

 

Rz. 11

Nicht mit umfasst von der Verfahrensgebühr werden aber dieje...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge