Rz. 9

Im Einzelnen kann der Rechtsanwalt gemäß Anm. Nr. 1 zu VV 3311 die Verfahrensgebühr zunächst für seine Tätigkeit(en) im Zwangsversteigerungsverfahren vom Antrag bis zur Bestimmung des Verteilungstermins (§ 105 ZVG) erhalten, wobei die Wahrnehmung der Versteigerungstermine selbst aber ausgenommen bleibt; für Letztere ist mit der Terminsgebühr gemäß VV 3312 eine eigene Regelung getroffen worden. Mit ihr abgegolten sind daher sämtliche Tätigkeiten, die in diesen Zeitabschnitt fallen. Dazu gehören u.a.:[6]

die Informationsbeschaffung;
sämtliche in § 18 Abs. 1 Nr. 1 und § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9, 12, 13 und 16 sowie § 19 Abs. 2 aufgeführten Tätigkeiten, also z.B. die Beschaffung des Notfristzeugnisses, des Rechtskraftzeugnisses, der Vollstreckungsklausel, soweit kein Fall des § 731 ZPO vorliegt;
die Zustellung des Urteils, der Klausel und der sonstigen gemäß § 750 ZPO notwendigen Urkunden;
die Beschaffung eines Grundbuchzeugnisses gemäß § 17 Abs. 2 ZVG;[7]
die Stellung des Versteigerungsantrags (§ 15 ZVG);
die Stellung sonstiger Anträge wie z.B. Erlass eines Zahlungsverbots (§ 22 Abs. 2 ZVG), auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen (§ 25 ZVG), auf gerichtliche Verwaltung gegen den Ersteher (§ 94 ZVG);
der Antrag auf Beitritt eines Gläubigers (§ 27 ZVG);
die Vertretung in einem Vortermin (§ 62 ZVG);
die Vorbereitung des Versteigerungstermins;
die Wahrnehmung eines besonderen Verkündungstermins (§ 87 ZVG);
die Vertretung beim Wertfestsetzungsverfahren (§ 74a ZVG);
das Verfahren der Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung, wenn der Schuldner – wie regelmäßig – nicht gehört wurde, so dass ein Fall von § 18 Abs. 1 Nr. 3 nicht vorliegt.[8]
 

Rz. 10

Da es sich um eine Pauschgebühr handelt, kommt es auf den Umfang der Tätigkeit nicht an, ebenso wenig darauf, ob der Anwalt nur eine einzelne oder mehrere der in diesen Zeitraum fallenden Tätigkeiten ausübt. Aus diesem Grunde ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auch nicht, wenn der Anwalt zwar tätig geworden ist, es aber letztlich nicht zur Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens kommt.[9] Ist der Auftrag an den Rechtsanwalt von vornherein darauf gerichtet, eine Zwangsversteigerung zu vermeiden, und kommt es letztlich auch nicht dazu, wären die Bemühungen des Rechtsanwalts eigentlich nach VV 2300 mit einem Gebührensatz von 0,5 bis 2,5 abzurechnen. Dabei würde sich aber ein Wertungswiderspruch insoweit ergeben, als der Rechtsanwalt für die vergleichbare Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren geringer honoriert würde (Gebührensatz 0,4) als bei bloßer außergerichtlicher Tätigkeit. Daher ist in einem solchen Fall nach VV 3311 abzurechnen.[10]

 

Rz. 11

Nicht mit umfasst von der Verfahrensgebühr werden aber diejenigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts für einen Bieter, die außerhalb des eigentlichen Versteigerungsverfahrens stattfinden. Hierzu zählen: Verhandlungen mit Grundpfandrechtsgläubigern vor dem Termin, Verhandlungen und Abschluss über ein Bietabkommen, Verhandlung und Abschluss von Ausbietungsverträgen sowie einer Liegenbelassungsvereinbarung, ferner Besorgung notwendiger Genehmigungen. Für derartige Tätigkeiten erwachsen Gebühren nach VV 2300.[11]

[6] Eine detaillierte Auflistung findet sich bei Stöber, Einl. Rn 90.
[7] LG Stuttgart JurBüro 1997, 106: Die gleichzeitig erfolgte Beantragung einer Zwangssicherungshypothek löst zusätzlich eine Gebühr gem. §§ 57, 58 Abs. 3 Nr. 6 BRAGO aus [jetzt: VV 3309].
[8] LG Berlin JurBüro 1984, 1188.
[9] Hartmann, KostG, RVG VV 3311 Rn 1; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, VV 3311 Rn 8.
[11] Hartung/Schons/Enders, RVG, VV 3311, 3312 Rn 8; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, VV 3311 Rn 24; Schumann/Geißinger, BRAGO, § 68 Rn 9.

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