1. § 91 ZPO

 

Rz. 568

Maßgeblich für die Entscheidung der Frage, ob und welche Kosten der Zwangsvollstreckung der Schuldner dem Gläubiger[602] zu ersetzen hat, ist die Vorschrift des § 788 ZPO. Danach trifft den Schuldner eine Erstattungspflicht nur hinsichtlich solcher Kosten, die notwendig waren. Zur Frage der Notwendigkeit verweist § 788 Abs. 1 S. 1, 1. Hs. ZPO auf die Regelung des § 91 ZPO. Die Vollstreckungskosten müssen deshalb zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen sein. Notwendigkeit besteht nicht für Kosten unzulässiger, schikanöser, überflüssiger oder erkennbar aussichtsloser Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.[603]

[602] Bei den vom Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aufgewendeten Kosten handelt es sich nicht um Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO, sondern um Kosten des Erkenntnisverfahrens, die im Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Prozessgericht angesetzt werden können, BGH 17.1.2006 – VI ZB 46/05, AGS 2006, 456 = Rpfleger 2006, 268; Entsprechendes gilt für Kosten, die eine Zwangsvollstreckung erst ermöglichen sollen (Avalbürgschaft bei gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbarem Urteil), wenn keine Zwangsvollstreckung stattgefunden hat, BGH 3.12.2007 – II ZB 8/07, JurBüro 2008, 214; OLG Düsseldorf AGS 2010, 560.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für Beurteilung der Notwendigkeit

 

Rz. 569

In Rechtsprechung und Literatur werden Kosten der Zwangsvollstreckung als notwendig angesehen, wenn der Gläubiger im Zeitpunkt der Verursachung der Kosten diese als zur Erfüllung des titulierten Anspruchs erforderlich halten durfte. Ausschlaggebend ist, ob ein vernünftig denkender Dritter anstelle des Gläubigers ebenso gehandelt hätte (objektiver Dritter).[604] Dabei gilt der Grundsatz der sparsamen Verfahrensführung.[605] War die ergriffene Vollstreckungsmaßnahme i.d.S. erforderlich, ist es unerheblich, dass sie sich letztlich als überflüssig (Schuldner zahlte doch noch freiwillig) oder erfolglos (Pfändung ging ins Leere) erweist.[606]

 

Rz. 570

Da es auf den Zeitpunkt der Verursachung ankommt, sind Kosten auch dann notwendig, wenn der Schuldner zwar vor dem Zeitpunkt der Kostenverursachung erfüllt hat, der Gläubiger davon aber nichts wusste und er sich die entsprechende Kenntnis auch nicht unschwer hätte verschaffen können.[607] Nicht notwendig sind daher Kosten, wenn der Gläubiger im Zeitpunkt der Verursachung der Kosten weiß, dass die beabsichtigte Zwangsvollstreckungshandlung nicht zum Erfolg führen wird.[608]

[605] BGH 14.4.2005 – V ZB 5/05, AGS 2005, 416 = JurBüro 2005, 496; BGH 18.7.2003 – 146/03, AGS 2003, 561; OLG Zweibrücken InVo 1999, 222, 223; AG Hamburg AGS 2003, 373; HK-ZV/Kessel, § 788 ZPO Rn 12; Zöller/Seibel, § 788 Rn 9a; MüKo/Karsten Schmidt, ZPO, § 788 Rn 22.
[606] OLG Hamburg JurBüro 1983, 91; OLG Frankfurt JurBüro 1983, 871; HK-ZV/Kessel, § 788 ZPO Rn 12; Zöller/Seibel, § 788 Rn 9a; MüKo/Karsten Schmidt, ZPO, § 788 Rn 22 – alle m.w.N.
[607] OLG Koblenz JurBüro 2002, 273; LG Stuttgart JurBüro 2001, 47 m. ausf. Darstellung der abweichenden Auffassungen.
[608] BGH 14.4.2005 – V ZB 5/05, AGS 2005, 416 = JurBüro 2005, 496.

3. Vollziehung von Arrest oder einstweiliger Verfügung

 

Rz. 571

Die notwendigen Kosten der Vollziehung sind dem Gläubiger gemäß § 788 ZPO zu erstatten. Dazu gehören allerdings nicht die Kosten für die Löschung von Grundbucheintragungen, weil dies nicht mehr den Bereich der Vollziehung betrifft.[609]

[609] OLG Celle NJW-RR 2009, 575; OLG Düsseldorf JurBüro 1993, 400; OLG Frankfurt JurBüro 1979, 222; Zöller/Seibel, § 788 Rn 13 "Löschung".

4. Kosten der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 572

Zu den Kosten der Zwangsvollstreckung gehören nicht nur die bei Durchführung der Zwangsvollstreckung entstehenden Kosten, sondern auch damit im Zusammenhang stehende Vorbereitungskosten. Dies ergibt sich für die Ausfertigung des Titels und die Zustellung[610] ausdrücklich aus § 788 Abs. 1 S. 2 ZPO; diese Aufzählung ist aber nicht abschließend, die Einzelheiten sind streitig.[611]

[611] Vgl. einerseits Zöller/Seibel, § 788 Rn 4 und andererseits MüKo/Karsten Schmidt, ZPO, § 788 Rn 10 f., 19. Offengelassen von BGH 14.4.2005 – V ZB 5/05, AGS 2005, 416 = JurBüro 2005, 496.

5. Nicht notwendige Kosten

 

Rz. 573

Nicht notwendig sind beispielsweise Kosten, die durch Vollstreckungsaufträge entstehen, obwohl nicht alle im konkreten Fall notwendigen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen. Von den zahllosen Möglichkeiten seien folgende beispielhaft aufgeführt:

Im Titel ist die Leistungsverpflichtung – wie nicht selten in der Praxis – nicht ausreichend bestimmt;[612]
die erforderliche Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft wurde durch eine andere als die namentlich bezeichnete Bank gestellt;
die qualifizierte Klausel wurde durch den dafür unzuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilt;
die zu pfändende Forderung ist nicht konkret genug bezeichnet;
es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass die Vollstreckung erfolglos sein wird;[613] die Kosten offensichtlich aussichtsloser Vollstreckungsmaßnahmen sind nicht ers...

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