Rz. 45

Nicht anzurechnen ist die Auslagenpauschale nach VV 7002.[60] Denn in VV 3307 ist lediglich davon die Rede, dass die Gebühr anzurechnen ist. Bei der Auslagenpauschale handelt es sich aber gerade nicht um eine solche. Dies ergibt sich auch eindeutig aus dem Gesetz. Denn § 1 Abs. 1 S. 1 trennt hinsichtlich der anwaltlichen Vergütung zwischen Gebühren und Auslagen. Darüber hinaus fehlt es an einer gesetzlichen Anrechnungsvorschrift.[61]

 

Rz. 46

Darüber hinaus tritt die Auslagenpauschale aufgrund des anwaltlichen Wahlrechts an die Stelle der tatsächlich entstandenen Auslagen (vgl. Anm. zu VV 7002). Insofern ist es dem Anwalt unbenommen, auch die tatsächlich angefallenen Auslagen abzurechnen. In einem solchen Fall dürfte wohl niemand auf die Idee kommen, diese in Folge einer Anrechnung dem Rechtsanwalt nicht zu gewähren.

 

Rz. 47

Sind in Anrechnungsfällen mehrere Pauschalen entstanden, so stellt sich die Frage, wie sich die Gebührenanrechnung auf die Höhe der Pauschale auswirkt.

 

Rz. 48

Nach einem Teil der Rechtsprechung und Literatur soll die Auslagenpauschale nur aus dem Gebührenaufkommen nach Anrechnung ermittelt werden.[62]

 

Beispiel: Der Anwalt ist beauftragt, gegen einen Mahnbescheid i.H.v. 300 EUR Widerspruch einzulegen. Im streitigen Verfahren wird der Beklagte durch Versäumnisurteil verurteilt.

I. Tätigkeit im Einspruchsverfahren

 
1. 0,5-Verfahrensgebühr, VV 3307   24,50 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   4,90 EUR
  Zwischensumme 29,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   5,58 EUR
Gesamt   34,98 EUR

II. Rechtsstreit

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   63,70 EUR
2. 0,5-Terminsgebühr, VV 3105   24,50 EUR
  gem. VV 3307 anzurechnen, 0,5-Gebühr aus 300,00 EUR   – 24,50 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002 (20 % aus 58,50 EUR)   12,74 EUR
  Zwischensumme 76,44 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   14,52 EUR
Gesamt   90,96 EUR
 

Rz. 49

Diese Berechnung ist m.E. unzutreffend. Nach dem eindeutigen Wortlaut der VV 7002 richtet sich die Auslagenpauschale nach den gesetzlichen Gebühren und nicht nach denjenigen Gebühren, die nach Anrechnung verbleiben. Derjenige Betrag, der nach Anrechnung verbleibt, ist lediglich eine Berechnungsgröße. Die anzurechnenden Gebühren und die Gebühren, auf die anzurechnen ist, bleiben trotz der Anrechnung bestehen und behalten ihre Eigenständigkeit.[63]

 

Rz. 50

Die Auslagenpauschale ist daher aus dem gesamten Gebührenaufkommen vor Anrechnung zu ermitteln.[64] Im vorangegangenen Beispiel ändert sich für die Kosten des Mahnverfahrens nichts; für die Tätigkeit im Rechtsstreit ist dagegen wie folgt zu rechnen:

 

Rechtsstreit:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   63,70 EUR
2. 0,5-Terminsgebühr, VV 3105   24,50 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002 (20 % aus 88,20 EUR)   17,64 EUR
  gem. VV 3307 anzurechnen, 0,5-Gebühr aus 300,00 EUR   – 24,50 EUR
  Zwischensumme 81,34 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   15,45 EUR
Gesamt   96,79 EUR
[60] A.A. AG Pankow/Weißensee KostRsp. BRAGO § 26 Nr. 21.
[61] AG Hamburg AnwBl 1993, 293; AG Alzey AnwBl 1982, 399.
[62] LG Berlin JurBüro 1987, 1869; LG Bonn MDR 1991, 65; ebenso Hansens, BRAGO, § 26 Rn 4; ders., JurBüro 1987, 1744; v. Eicken, AGS 1996, 109.
[63] OLG Nürnberg AnwBl 1963, 106.
[64] OLG Köln AGS 1994, 65 = Rpfleger 1994, 432; LG Berlin JurBüro 1982, 1351; LG Berlin JurBüro 1987, 1869; AG Hamburg AnwBl 1993, 293; AG Alzey AnwBl 1982, 399; Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, § 26 Rn 10; Baldus, DAR 1991, 275; N. Schneider, MDR 1991, 926.

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