1. Allgemeines

 

Rz. 8

Nr. 1 entspricht dem früheren § 65b BRAGO. Die Höhe des Gebührensatzes entspricht dem eines Berufungsverfahrens. Der Grund dafür liegt in der besonderen Schwierigkeit der Materie.

2. Verfahrensgebühr (VV 3300)

 

Rz. 9

Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (VV Vorb. 3 Abs. 2) erhält der Anwalt eine Verfahrensgebühr zu einem Gebührensatz von 1,6 (wegen der Einzelheiten zum Begriff der Verfahrensgebühr vgl. VV Vorb. 3 Rdn 12 ff.).

 

Rz. 10

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen derselben Angelegenheit, erhöht sich die Gebühr nach VV 1008 um 0,3 je weiteren Auftraggeber.

3. Verfahrensgebühr – vorzeitige Beendigung (VV 3301)

 

Rz. 11

Bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags reduziert sich der Gebührensatz der Verfahrensgebühr von 1,6 auf 1,0. Eine vorzeitige Beendigung liegt nach dem Verweis in Anm. zu VV 3301 i.V.m. Anm. Abs. 1 zu VV 3201 vor,

1. wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat, oder
2. soweit lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen oder festzustellen (§ 278 Abs. 6 ZPO), oder soweit lediglich Verhandlungen zur Einigung über solche Ansprüche geführt werden (wegen der Einzelheiten vgl. VV 3201 Rdn 1, VV 3101 Rdn 1 ff.).

4. Anrechnung einer Geschäftsgebühr

 

Rz. 12

Aufgrund der Anrechnungsvorschrift der VV Vorb. 3 Abs. 4 ist die im Verfahren vor der Schiedsstelle entstandene Geschäftsgebühr der VV 2303 Nr. 1 auf die im Verfahren vor dem OLG entstehende Verfahrensgebühr anzurechnen. Die Geschäftsgebühr ist danach hälftig, d.h. mit einem 0,75-Gebührensatz anzurechnen. Die Anrechnung erfolgt nach dem Gegenstand, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist.

 

Rz. 13

In dem Klageverfahren vor dem OLG ist nur eine (hälftige) Anrechnung der Geschäftsgebühr der VV 2303 Nr. 1 vorzunehmen. Nicht anzurechnen ist hingegen eine eventuell entstandene Geschäftsgebühr nach VV 2300, da diese gem. VV Vorb. 2.3 Abs. 6 nur auf die für die Tätigkeit vor der Schiedsstelle anfallende Geschäftsgebühr anzurechnen ist.[2]

 

Beispiel 1: A beauftragt den Anwalt zunächst mit der Vertretung vor der Schiedsstelle nach § 124 VGG. Es wird ein Anspruch über 50.000 EUR geltend gemacht. Die Schiedsstelle unterbreitet einen Einigungsvorschlag und beraumt einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Der Einigungsvorschlag wird jedoch von den Parteien nicht angenommen. A erhebt daraufhin Klage vor dem OLG wegen des Anspruchs über 50.000 EUR. Für die Vertretung beauftragt A denselben Anwalt. In dem Verfahren findet eine mündliche Verhandlung statt, es wird durch streitiges Urteil entschieden.

Es ist folgende Anwaltsvergütung entstanden:

 
I. Schiedsstellenverfahren (Wert: 50.000 EUR)    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2303 Nr. 1   1.918,50 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.938,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   368,32 EUR
Gesamt   2.306,82 EUR
 
II. Klageverfahren vor dem OLG (Wert: 50.000 EUR)    
1. 1,6-Verfahrensgebühr, VV 3300   2.046,40 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 50.000 EUR   – 959,25 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   1.534,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.641,95 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   501,97 EUR
Gesamt   3.143,92 EUR
 

Beispiel 2: A beauftragt einen Anwalt zunächst mit der Vertretung wegen Ansprüchen gegen die Verwertungsgesellschaft B i.H.v. 20.000 EUR. Da die Angelegenheit nicht geklärt werden kann, beauftragt A denselben Anwalt wegen desselben Gegenstands sodann mit der Vertretung vor der Schiedsstelle nach § 124 VGG. Die Schiedsstelle unterbreitet einen Einigungsvorschlag und beraumt einen Termin zur mündlichen Verhandlung an. Der Einigungsvorschlag wird jedoch von den Parteien nicht angenommen. A erhebt daraufhin Klage vor dem OLG wegen des Anspruchs über 20.000 EUR. Für die Vertretung beauftragt A denselben Anwalt. In dem Verfahren findet eine mündliche Verhandlung statt, es wird durch streitiges Urteil entschieden.

Der Anwalt des A ist folglich in drei Verfahren tätig geworden:

Verfahren vor Anrufung der Schiedsstelle,
Verfahren vor der Schiedsstelle (§ 124 VGG),
Klageverfahren vor dem OLG (§ 128 VGG).

Es ist damit folgende Anwaltsvergütung entstanden:

 
I. Vertretung vor Anrufung der Schiedsstelle (Wert: 20.000 EUR)  
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300   1.068,60 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.088,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   206,83 EUR
Gesamt   1.295,43 EUR
 
II. Schiedsstellenverfahren (Wert: 20.000 EUR)    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2303 Nr. 1   1.233,00 EUR
2. gem. VV Vorb. 2.3 Abs. 6 anzurechnen, 0,65 aus 20.000 EUR,   – 534,30 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 718,70 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   136,55 EUR
Gesamt   855,25 EUR
 
III. Klageverfahren vor dem OLG (Wert: 20.000 EU...

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