I. Versäumnisurteil gegen den Berufungsbeklagten

 

Rz. 5

Ist der Berufungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung säumig, so ist VV 3203 nicht anwendbar. Dies entspricht der früheren Rechtslage und beruht darauf, dass bei Säumnis des Berufungsbeklagten nicht ohne Weiteres ein Versäumnisurteil ergehen darf. Das Gericht muss vielmehr prüfen, ob das tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers sein Begehren rechtfertigt (§ 539 Abs. 2 S. 1 ZPO). Daher ist eine Reduzierung nicht vorgesehen.

 

Beispiel: In der mündlichen Verhandlung erscheint der Berufungsbeklagte nicht. Es ergeht daraufhin ein Versäumnisurteil, wonach das erstinstanzliche Urteil entsprechend den Anträgen des Berufungsklägers abgeändert wird.

Es entsteht die volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3202. Die Vorschrift der VV 3203 ist nicht anwendbar.

 

Rz. 6

Ob ein Versäumnisurteil ergeht, ist insoweit unerheblich. Es reicht aus, dass der Antrag gestellt wird.

 

Beispiel: In der mündlichen Verhandlung erscheint der Berufungsbeklagte nicht. Der Anwalt des Berufungsklägers beantragt daraufhin den Erlass eines Versäumnisurteils. Das Gericht weist die Berufung nach § 539 Abs. 2 S. 2 ZPO zurück.

Es entsteht wiederum die volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3202. Die Vorschrift der VV 3203 ist nicht anwendbar.

II. Versäumnisurteil gegen den Berufungskläger

 

Rz. 7

Erscheint der Berufungskläger in der mündlichen Verhandlung nicht, so ist VV 3203 anwendbar. Im Gegensatz zur Säumnis des Berufungsbeklagten kann jetzt ein die Berufung zurückweisendes Urteil allein aufgrund der Säumnis des Berufungsklägers ergehen.

 

Rz. 8

Soweit im Berufungsverfahren Postulationszwang besteht, kommt es hier nicht darauf an, ob der Berufungskläger selbst erschienen ist. Er muss vielmehr auch ordnungsgemäß vertreten sein. Fehlt es also an einer ordnungsgemäßen Vertretung, ist VV 3203 in diesen Fällen anwendbar, unabhängig davon, ob der Berufungskläger erschienen ist oder nicht.

 

Beispiel: In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erscheint der Berufungskläger ohne Anwalt. Der Berufungsbeklagte beantragt daraufhin den Erlass eines die Berufung zurückweisenden Urteils.

Da der Berufungskläger nicht ordnungsgemäß vertreten war, greift VV 3203. Dass der Berufungskläger selbst persönlich anwesend war, ist unerheblich. Es entsteht lediglich eine 0,5-Gebühr nach VV 3202, 3203.

 

Rz. 9

Die Ermäßigung nach VV 3203 tritt bereits ein, wenn der Berufungsbeklagte den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt. Ob dieses auch ergeht, ist unerheblich. Mit der Antragstellung ist die Terminsgebühr angefallen, allerdings nur in ermäßigter Höhe.[1]

 

Beispiel: In der mündlichen Verhandlung erscheint für den Berufungskläger niemand. Der Berufungsbeklagte beantragt daraufhin den Erlass eines Versäumnisurteils. Dieser Antrag wird durch Beschluss zurückgewiesen, da der Anwalt des Berufungsklägers nicht ordnungsgemäß geladen war.

Angefallen ist auch jetzt eine 0,5-Terminsgebühr nach VV 3202, 3203, obwohl kein Versäumnisurteil ergangen ist.

 

Rz. 10

Erscheint der Anwalt des Berufungsklägers/Beschwerdeführers, erklärt er aber, er trete nicht auf und verhandle nicht, so ist VV 3203 unanwendbar. Mit Erscheinen des Prozessbevollmächtigten/Verfahrensbevollmächtigten des Berufungsklägers/Beschwerdeführers entsteht die volle 1,2-Terminsgebühr nach VV 3202 (zur vergleichbaren Lage siehe VV 3105 Rdn 6 ff.).

 

Beispiel: In der mündlichen Verhandlung erscheint der Anwalt des Berufungsklägers und erklärt, dass er heute keinen Antrag stellen werde. Daraufhin beantragt der Anwalt des Berufungsbeklagten den Erlass eines Versäumnisurteils.

Es entsteht die volle 1,2-Terminsgebühr, da kein Fall der VV 3203 vorlag. Der Berufungskläger war ordnungsgemäß vertreten.

 

Rz. 11

Erscheint der Berufungskläger persönlich ohne Anwalt, so ermäßigt sich die Terminsgebühr nach VV 3203 auf 0,5, wenn sogleich – gegebenenfalls nach gerichtlichem Hinweis auf die fehlende Postulationsfähigkeit – ein Versäumnisurteil beantragt wird.[2] Das Erscheinen einer nicht postulationsfähigen Partei steht dem Nichterscheinen gleich. Wird allerdings mit der erschienenen, aber nicht postulationsfähigen Partei zuvor erörtert, entsteht die volle 1,2-Terminsgebühr der VV 3202.[3]

[1] Hansens/Braun/Schneider, § 8 Rn 251.
[2] OLG Köln 19.12.2006 – 17 W 265/06, AGS 2007, 238 = RVGreport 2007, 188 = NJW 2007, 1694.
[3] BGH 24.1.2007 – IV ZB 21/06, AGS 2007, 226 = RVGreport 2007, 187 = NJW 2007, 1692.

III. Anträge zur Prozess- und Sachleitung

 

Rz. 12

Nach VV 3203 entsteht die 0,5-Gebühr auch dann, wenn lediglich ein Antrag zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Auch dies gilt wiederum nur dann, wenn der Berufungsbeklagte bei Säumnis des Berufungsklägers/Beschwerdeführers einen solchen Antrag stellt. Ist der Berufungsbeklagte/Beschwerdegegner säumig und stellt der Berufungskläger einen Antrag zur Prozess- oder Sachleitung gilt wiederum die Ermäßigung nach VV 3203 nicht.

 

Beispiel: Der Anwalt des Berufungsklägers erscheint nicht. Der Anwalt des Berufungsbeklagten beantragt daraufhin Vertagung.

Es entsteht die 0,5-Terminsgebühr nach VV 3202, 3203.

 

Rz. 13

Ebenso ist die Vorschrift der VV 3203 anzuwenden, wenn das Gericht von Amts wegen eine ...

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