1. Überblick

 

Rz. 33

Möglich ist, dass sowohl eine volle 1,6-Verfahrensgebühr nach VV 3200 entsteht als auch eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1. Es gilt dann § 15 Abs. 3. Vorzugehen ist in diesem Fall wie folgt:

Zunächst sind nach § 15 Abs. 3, 1. Hs. aus den Teilwerten jeweils gesonderte Gebühren nach den entsprechenden Gebührensätzen zu ermitteln.
Anschließend ist die Begrenzung des § 15 Abs. 3, 2. Hs. zu beachten. Der Anwalt kann insgesamt keine höhere Vergütung verlangen als eine 1,6-Gebühr aus dem Gesamtwert (§ 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 39 Abs. 1 GKG).
 

Rz. 34

Bei mehreren Auftraggebern ist mit den entsprechend höheren Sätzen zu rechnen (siehe Rdn 41 ff.).

2. Kombination VV 3200/Anm. Abs. 1 Nr. 1

 

Rz. 35

 

Beispiel: Der Beklagte ist zur Zahlung von 20.000 EUR verurteilt worden und beauftragt seinen Anwalt, in vollem Umfang Berufung einzulegen. Dieser rät jedoch von der Berufung ab, soweit sie einen Teilbetrag von 5.000 EUR betrifft. Die Berufung wird nur wegen 15.000 EUR eingelegt.

Die volle Gebühr nach VV 3200 entsteht aus dem Wert von 15.000 EUR; aus den weiteren 5.000 EUR entsteht nur eine 1,1-Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1, wobei die Beschränkung nach § 15 Abs. 3 zu beachten ist.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 15.000 EUR)
1.148,80 EUR  
2.

1,1-Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201 Anm. Abs. 1 Nr. 1

(Wert: 5.000 EUR)
367,40 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,6 aus 20.000 EUR   1.315,20 EUR

3. Kombination VV 3200/Anm. Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt.

 

Rz. 36

 

Beispiel: Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 5.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln die Parteien über die Klageforderung sowie über weitergehende nicht anhängige 10.000 EUR. Zu einer Einigung kommt es nicht.

Die volle Gebühr nach VV 3200 entsteht aus dem Wert von 5.000 EUR; aus den weiteren 10.000 EUR entsteht nur eine 1,1-Gebühr nach VV 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt., wobei wiederum die Beschränkung nach § 15 Abs. 3 zu beachten ist.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 5.000 EUR)
534,40 EUR  
2.

1,1-Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201 Anm. Abs. 1 Nr. 2

(Wert: 10.000 EUR)
675,40 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,6 aus 15.000 EUR   1.148,80 EUR

4. Kombination VV 3200/Anm. Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt.

 

Rz. 37

 

Beispiel: Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 10.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung einigen sich die Parteien über die Klageforderung und protokollieren dort auch noch eine bereits von den Parteien geschlossene Einigung über weitergehende nicht anhängige 3.000 EUR.

Die volle Gebühr nach VV 3200 entsteht aus dem Wert von 10.000 EUR; aus den weiteren 3.000 EUR entsteht nur eine 1,1-Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt., wobei wiederum die Beschränkung nach § 15 Abs. 3 zu beachten ist.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 10.000 EUR)
982,40 EUR  
2.

1,1-Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201 Anm. Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt.

(Wert: 3.000 EUR)
244,20 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,6 aus 13.000 EUR   1.065,60 EUR

5. Kombination VV 3200/Anm. Abs. 1 Nr. 2, 1. u. 2. Alt.

 

Rz. 38

 

Beispiel: Gegen seine erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 5.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln die Parteien über die Klageforderung sowie über eine weitergehende nicht anhängige Forderung i.H.v. 10.000 EUR; zu einer Einigung kommt es nur betreffend die Klageforderung. Eine Regelung über die nicht anhängigen 10.000 EUR wird nicht getroffen. Zusätzlich wird aber eine bereits ausgehandelte Einigung über eine weitere nicht anhängige Forderung in Höhe von 8.000 EUR protokolliert.

Die volle Gebühr nach VV 3200 entsteht wiederum aus dem Wert von 5.000 EUR; aus den weiteren 10.000 EUR entsteht nur eine 1,1-Gebühr nach VV 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. und aus den weiteren 8.000 EUR eine Gebühr nach VV 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. Die beiden Gebühren nach VV 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 2 werden zusammengefasst, da sie sich nach demselben Gebührensatz berechnen. Zu beachten ist wiederum die Beschränkung nach § 15 Abs. 3.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 5.000 EUR)
534,40 EUR  
2.

1,1-Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201 Anm. Abs. 1 Nr. 2

(Wert: 18.000 EUR)
847,00 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,6 aus 23.000 EUR   1.398,40 EUR

6. Kombination VV 3200 Anm. Abs. 1 Nr. 1/Anm. Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt.

 

Rz. 39

 

Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt, gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 15.000 EUR Berufung einzulegen. Bevor dies geschieht, wird der Auftrag teilweise zurückgenommen. Die Berufung soll nur über 12.000 EUR durchgeführt werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln die Parteien über die Klageforderung und weitergehende anhängige 3.000 EUR; eine Einigung kommt nicht zustande.

Die volle Gebühr nach VV 3200 entsteht aus dem Wert von 12.000 EUR; aus den weiteren 3.000 EUR entsteht nur eine 1,1-Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1. Hinzu kommt eine 1,1-Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. aus weiteren 3.000 EUR. Die beiden Gebühren nach VV 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 1 und Anm. Abs. 1 Nr. 2 werden wiederum zusammengefasst, da sie sich nach demselben Gebührensatz berechnen. Zu beachten ist die Beschränkung nach § 15 Abs. 3.

 
1.

1,6-Verfahr...

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