Rz. 26

Wird vom Revisionsgericht die Sache an das bereits befasste Berufungsgericht zurückverwiesen, so ist die Verfahrensgebühr des (Ausgangs-)Berufungsverfahrens aus VV 3200 auf die Verfahrensgebühr für das Verfahren nach Zurückverweisung anzurechnen (VV Vorb. 3 Abs. 6).

 

Beispiel: Gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 15.000 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Gegen das der Berufung stattgebende Urteil des OLG legt der Kläger Revision ein. Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Sache an das OLG zurück. Dort wird erneut verhandelt.

Das Verfahren nach Zurückverweisung stellt gemäß § 21 Abs. 1 eine neue Angelegenheit dar. Der Anwalt erhält sämtliche Gebühren erneut. Die Verfahrensgebühr des vorangegangenen Berufungsverfahrens wird allerdings auf die Verfahrensgebühr des Berufungsverfahrens nach Zurückverweisung angerechnet, soweit an das Gericht zurückverwiesen worden ist, das mit der Sache bereits befasst war (VV Vorb. 3 Abs. 6).

I. Berufungsverfahren vor Zurückverweisung

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 15.000 EUR)
  1.148,80 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 15.000 EUR)
  861,60 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.030,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   385,78 EUR
Gesamt   2.416,18 EUR

II. Berufungsverfahren nach Zurückverweisung

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 15.000 EUR)
  1.148,80 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 6 anzurechnen, 1,6 aus 15.000 EUR   – 1.148,80 EUR
3.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 15.000 EUR)
  861,60 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 881,60 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   167,50 EUR
Gesamt   1.049,10 EUR
 

Rz. 27

Eine Anrechnung ist nach § 15 Abs. 5 S. 2 allerdings ausgeschlossen, wenn zwischen der Beendigung des ersten Berufungsverfahrens und Beginn des Verfahrens nach Zurückverweisung mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind.[3]

 

Rz. 28

Wird nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils, aber noch vor Einlegung der Berufung, ein Antrag auf Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens gestellt, so ist die dort verdiente Verfahrensgebühr aus VV 3200 auf die 1,6-Verfahrensgebühr für das Erkenntnisverfahren anzurechnen (Vorb. 3 Abs. 5 VV).

 

Rz. 29

Umgekehrt ist die Verfahrensgebühr der VV 3200 auf die Verfahrensgebühr eines während der Berufung eingeleiteten selbstständigen Beweisverfahrens anzurechnen.

 

Rz. 30

Wird im Berufungsverfahren vom Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess Abstand genommen und sodann ins ordentliche Verfahren im Berufungsrechtszug übergegangen, ist ebenfalls anzurechnen, VV Vorb. 3 Abs. 7.[4]

 

Rz. 31

Möglich ist auch, dass eine zuvor nach VV 3101 Nr. 2 verdiente Gebühr nach Anm. Abs. 1 zu VV 3101 anzurechnen ist.

 

Beispiel: Im erstinstanzlichen Verfahren sind 8.000 EUR eingeklagt. Im Termin wird ein Vergleich geschlossen über diese Forderung und weitere 5.000 EUR. Der Vergleich wird widerrufen; über die 8.000 EUR ergeht ein Urteil, gegen das Berufung eingelegt wird. Im Berufungsverfahren werden die 5.000 EUR nunmehr im Verhandlungstermin mitverglichen.

Die erstinstanzliche Verfahrensgebühr der VV 3101 Nr. 2 ist nach Anm. Abs. 1 zu VV 3101 auf die Verfahrensgebühr der VV 3200 anzurechnen (zur Berechnung siehe VV 3101 Rdn 112 ff.).

 

Rz. 32

Gleiches gilt nach Anm. Abs. 1 S. 2 zu VV 3201, wenn der vorangegangene Einigungsversuch in einem Berufungsverfahren stattgefunden hat.

 

Beispiel: In einem Berufungsverfahren wird im Termin ein Vergleich geschlossen über die dort anhängigen Gegenstände und weitere 5.000 EUR, die nicht anhängig sind. Der Vergleich wird widerrufen.

In einem späteren Berufungsverfahren derselben Parteien wegen einer anderen Forderung werden die 5.000 EUR nunmehr im Verhandlungstermin mitverglichen.

Die im ersten Berufungsverfahren aus dem Mehrwert angefallene Verfahrensgebühr der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu VV 3201 ist nach Anm. Abs. 1 S. 2 zu VV 3201 auf die Verfahrensgebühr (VV 3200) des zweiten Berufungsverfahrens anzurechnen.

[4] Zur Zulässigkeit der Abstandnahme im Berufungsverfahren siehe BGH 4.7.2012 – VIII ZR 109/11, NJW 2012, 2662.

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