Rz. 39

Nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 entsteht eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr auch dann, wenn das Gericht gemäß § 331 Abs. 3 ZPO eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung trifft. Der Grundtatbestand ist in diesem Fall die Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 (Entscheidung im schriftlichen Verfahren). Damit sind zunächst die Fälle gemeint, in denen im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil ergeht, weil der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 und 2 ZPO seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig angezeigt hat. Stellt der Anwalt dann den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Verfahren, der – anders als beim Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren – immer noch erforderlich ist, verdient er mit Erlass des Versäumnisurteils (§ 331 Abs. 1 S. 1 ZPO) eine 0,5-Terminsgebühr.

 

Rz. 40

Lange umstritten war, ob die reduzierte Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn das Gericht das Versäumnisurteil ohne den eigentlich erforderlichen Antrag erlässt. Nach einer Ansicht sollte eine Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 nicht entstehen, wenn im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil erlassen worden ist, ohne dass vom Kläger der Antrag in der Klage gestellt wurde.[45] Dabei wurde u.a. damit argumentiert, dass der Anwalt für das Entstehen der Gebühr eine bestimmte Tätigkeit, nämlich die Antragstellung nach § 331 Abs. 3 S. 1 ZPO, durchgeführt haben müsse.[46] Nach der überwiegenden Auffassung,[47] der sich nun auch der BGH[48] angeschlossen hat, entsteht die Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 aber auch dann, wenn die Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO ohne einen entsprechenden (Prozess-)Antrag des Klägers ergeht. Diese Auffassung überzeugt am meisten: Der Wortlaut von Anm. Abs. 1 Nr. 2 stellt darauf ab, dass eine Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO ergangen ist[49] und nicht darauf, ob der dafür zivilprozessual erforderliche Antrag gestellt wurde. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das Gericht schließlich eine Entscheidung erlassen hat und sich das Gebührenrecht regelmäßig nach den Entscheidungen des Gerichts richtet und nicht umgekehrt. Insofern dürfte eine reduzierte 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105 auch dann anfallen, wenn das Gericht trotz des Fehlens eines entsprechenden Antrags im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil erlässt.

 

Rz. 41

§ 331 Abs. 3 ZPO sieht auch die Möglichkeit eines Versäumnisurteils gegen den Kläger im schriftlichen Vorverfahren vor. Nach § 331 Abs. 3 S. 3 ZPO ist eine solche Entscheidung insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt. Ergeht ein solches unechtes Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren, entsteht auch hinsichtlich der abgewiesenen Nebenforderung nur eine 0,5-Terminsgebühr nach VV 3105 Abs. 1 Nr. 2 (hinsichtlich der Einzelheiten siehe Rdn 18).[50]

[45] OLG Oldenburg AGS 2008, 386 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2008, 263; OLG Düsseldorf JurBüro 1984, 1838; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 3105 Rn 23.
[46] OLG Oldenburg AGS 2008, 386 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2008, 263.
[47] So: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3105 Rn 33; Hartung/Römermann/Schons, RVG, VV 3105 Rn 14; KG AGS 2008, 541 = RVGreport 2008, 307; OLG München RVGreport 2007, 425 = JurBüro 2007, 589; OLG Jena AGS 2006, 227 m. Anm. Schons; OLG Koblenz WM 1997, 1566; LG Köln MDR 2001, 1018.
[48] BGH 24.1.2017 – VI ZB 21/16, AGS 2017, 174 = RVGreport 2017, 140 = NJW 2017, 1483 m. Anm. Mayer.
[49] Wobei Schons (AGS 2006, 229) zu Recht darauf hinweist, dass die Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO nur auf Antrag ergehen darf.
[50] So im Ergebnis auch: BGH 23.9.2003 – VI ZB 34/03, AGS 2004, 110 = JurBüro 2004, 136 (zu § 35 BRAGO); Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3105 Rn 34; Hansens/Braun/Schneider, Teil 7 Rn 370.

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