1. Allgemeines

 

Rz. 73

Die Verfahrensgebühr entsteht auch in denjenigen Fällen nur in reduzierter Höhe (0,8), in denen beantragt ist, eine Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen oder festzustellen oder soweit Verhandlungen zur Einigung über solche Ansprüche geführt werden. Während VV 3101 Nr. 1 einen Auftrag des Anwalts zur gerichtlichen Durchsetzung oder Abwehr eines Anspruchs voraussetzt, reicht für den Tatbestand von Nr. 2 aus, dass der Anwalt beauftragt war, eine Einigung mit dem Gegner oder Dritten herbeizuführen bzw. protokollieren zu lassen.

Durch das 2. KostRMoG ist VV 3101 Nr. 2 geändert worden.[85] Hintergrund der entsprechenden Klarstellung war der Wille des Gesetzgebers, einer in der Literatur vertretenen Meinung entgegenzutreten, wonach eine Reduzierung der Verfahrensgebühr nur dann erfolgen dürfe, wenn in einem Termin

entweder lediglich eine Einigung der Parteien oder der Beteiligten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll genommen wurde
oder wenn lediglich erfolglos – also ohne Zustandekommen einer Einigung – über solche Ansprüche verhandelt wurde.

Damit hätte nach erfolgreicher Verhandlung im Termin und anschließender Protokollierung eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 2 nicht gegriffen, da weder "lediglich protokolliert" noch "lediglich verhandelt" wurde.[86] Ein solches Ergebnis war vom Gesetzgeber jedoch nicht gewollt; vielmehr sollte auch im Falle einer Verhandlung und Einigung über in dem betreffenden Verfahren nicht anhängige Gegenstände die Verfahrensgebühr nur in reduzierter Höhe entstehen.

 

Rz. 74

Die Regelung in Nr. 2 lehnt sich inhaltlich zunächst an die vormalige Regelung in § 32 Abs. 2 BRAGO an. Diese nahm Bezug auf § 32 Abs. 1 BRAGO und legte fest, dass das Gleiche gelte, soweit lediglich beantragt sei, eine Einigung der Parteien zu Protokoll zu nehmen. Die jetzige Regelung in Nr. 2 geht sodann in mehrfacher Hinsicht darüber hinaus. So sind z.B. auch Einigungen mit Dritten und Einigungen, die im Rahmen eines Verfahrens nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt werden, ausdrücklich einbezogen.

 

Rz. 75

Die Regelung bezieht sich aber nach wie vor nicht auf den Fall, dass eine Einigung über die im betreffenden Verfahren rechtshängigen Ansprüche protokolliert wird. Sie bezieht sich vielmehr gerade darauf, dass eine Protokollierung bzw. Einigungsverhandlungen über andere, in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche erfolgt.

 

Rz. 76

In Zusammenhang mit Nr. 2 steht die Regelung in Anm. Abs. 1. Diese regelt den Fall, dass in einem Verfahren eine Einigung über solche Gegenstände erzielt wird, für die der Rechtsanwalt in einem anderen Verfahren eine Verfahrensgebühr erhält. Bei dieser Konstellation soll eine Anrechnung der Gebühr nach Nr. 2 stattfinden.

[85] Vgl. Art. 8 Abs. 2 Nr. 25 2. KostRMoG.
[86] Vgl. Schneider/Thiel, Das neue Gebührenrecht für Anwälte, Rn 794 ff., die zutr. darauf hinweisen, dass der Streit nur geringe praktische Bedeutung hatte, weil aufgrund der Anwendung von § 15 Abs. 3 i.d.R. keine Differenzen bei den verschiedenen Berechnungen auftauchten.

2. Protokollierung/Feststellung einer Einigung (Nr. 2 Var. 2)

 

Rz. 77

Beantragt der Rechtsanwalt, eine Einigung der Parteien über einen in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Anspruch zu Protokoll zu nehmen oder eine Einigung gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen, so erhält er eine 0,8-Verfahrensdifferenzgebühr gemäß VV 3101 Nr. 2 Var. 2 aus dem Wert der nicht anhängigen Ansprüche.

 

Beispiel: In einem Räumungsrechtsstreit (Wert: 10.000 EUR) erzielen die Anwälte nach Verhandlungen eine Einigung über die Räumung der Wohnung. Im Termin erklären die Parteien, sie hätten sich zwischenzeitlich untereinander – also ohne ihre Anwälte – auch über die Auszahlung der Mietkaution (5.000 EUR) geeinigt. Der Beklagte solle davon 3.000 EUR erhalten, den Rest dürfe der Kläger behalten. Die Anwälte mögen diese Einigung mitprotokollieren, was auch geschieht.

Die Anwälte können abrechnen:

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 10.000 EUR)
798,20 EUR  
2.

0,8-Verfahrensgebühr, VV 3101

(Wert: 5.000 EUR)
267,20 EUR  
 

gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,3

(Wert: 15.000 EUR)
  933,40 EUR
3.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 10.000 EUR)
  736,80 EUR
4.

1,0-Einigungsgebühr, VV 1003

(Wert: 10.000 EUR)
  614,00 EUR
5. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.304,20 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   437,80 EUR
Gesamt   2.742,00 EUR

a) Einigung

 

Rz. 78

In Nr. 2 ist die Rede von einer "Einigung", ohne dass dort dieser Begriff definiert wird. Die Begründung zum Entwurf des RVG gibt zur Auslegung nicht viel her. Zwar ist davon die Rede,[87] dass die Gebühr mit einem Gebührensatz von 0,8 auch bei einer gerichtlichen Protokollierung eines Vergleichs anfallen solle. Allerdings wird dort der Begriff der Einigung gleichzeitig auch im Sinne eines Vergleichs benutzt, was schon im Widerspruch zu VV 1000 steht, da VV 1000 ein gegenseitiges Nachgeben ausdrücklich nicht verlangt. Schon im Rahmen von § 32 BRAGO war es allgemeine Auffassung, dass der Begriff der Einigung weiter ist ...

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