Rz. 84

Voraussetzung für das zusätzliche Entstehen einer reduzierten Verfahrensgebühr ist ferner, dass die Einigung über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche erfolgt. Die Rechtshängigkeit wird gemäß § 261 ZPO durch die Erhebung einer Klage begründet. Sie endet u.a. mit dem Eintritt der äußeren Rechtskraft des Urteils, mit der Wirksamkeit einer Klageänderung gegenüber dem ausscheidenden Beklagten, mit einem Prozessvergleich oder mit einer Klagerücknahme.[90] Sie endet dagegen nicht durch das Ruhen des Verfahrens oder einen reinen Stillstand des Verfahrens, ferner nicht beim Vorbehaltsurteil oder bei einem außergerichtlichen Vergleich.[91] Soweit also eine Einigung erfolgt, ist zu prüfen, ob diese Einigung einen Gegenstand betrifft, der in diesem Verfahren noch rechtshängig ist.

 

Rz. 85

Erfasst werden von VV 3101 Nr. 2 nach zutreffender Ansicht neben den Ansprüchen, die überhaupt nicht rechtshängig sind auch diejenigen Ansprüche, die in einem anderen Verfahren rechtshängig sind.[92] Nach anderer Ansicht ist die Verfahrensdifferenzgebühr nach VV 3101 Nr. 2 unanwendbar, soweit der Anspruch in einem anderen Verfahren anhängig ist und der Anwalt dort bereits die Gebühr nach VV 3100 verdient hat.[93] Gegen letztere Meinung spricht allerdings, dass dann die Anrechnungsbestimmung nach Anm. Abs. 1 keinen Sinn haben würde. Sie sieht gerade die Anrechnung der Gebühr nach VV 3101 auf eine Verfahrensgebühr vor, die wegen desselben Gegenstands in einer anderen Angelegenheit entsteht.

 

Rz. 86

War der betreffende Anspruch zwar einmal in diesem Verfahren rechtshängig, ist diese Rechtshängigkeit mittlerweile aber beendet, liegt dem Wortlaut nach gleichwohl ein Fall der Nr. 2 vor mit der Konsequenz des Entstehens einer zusätzlichen reduzierten Verfahrensgebühr. Ein Fall der Anrechnung gemäß Anm. Abs. 1 liegt dagegen streng genommen nicht vor, da die Anrechnung nur stattfinden soll, wenn der Anwalt wegen desselben Gegenstands in einem anderen Verfahren eine Verfahrensgebühr erhält. Hier handelt es sich aber um einen Anspruch, der im gleichen Verfahren einmal rechtshängig war. Bei dieser Konstellation erhält der Rechtsanwalt die zusätzliche reduzierte Verfahrensgebühr also gleichwohl ohne Anrechnung.

[90] Baumbach u.a., ZPO, § 261 Rn 15 m.w.N.
[91] Baumbach u.a., ZPO, § 261 Rn 15 m.w.N.
[92] Burhoff/Kindermann, RVG, Rn 135; Hartung/Schons/Enders/Schons, RVG VV 3101 Rn 50; Volpert, RVGprof. 2004, 145, 148; KG MDR 2000, 1459.

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