1. Rechtliche Angelegenheiten

 

Rz. 3

Die Geschäftsgebühr nach VV 2503 kann in allen Angelegenheiten des § 2 Abs. 2 S. 1 BerHG entstehen, soweit Beratungshilfe für eine solche rechtliche Angelegenheit bewilligt ist. Beratungshilfe kann in allen rechtlichen Angelegenheiten, d.h. in allen Rechtsgebieten, bewilligt werden. Die umfassende Beschreibung ergibt, dass von der Beratungshilfe kein Rechtsgebiet ausgenommen ist. Beratungshilfe ist damit bspw. auf den Rechtsgebieten des Zivilrechts, Arbeitsrechts, Verwaltungsrechts, Sozialrechts, Steuerrechts, Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts möglich.

 

Rz. 4

Den Begriff der Angelegenheit definiert das BerHG nicht. Er ist im Rahmen der Bewilligung von Beratungshilfe aber genauso zu verstehen wie bei der anwaltlichen Vergütung im RVG (zum Begriff der gebührenrechtlichen Angelegenheit vgl. VV Vor 2.5 Rdn 49 ff.).

 

Rz. 5

Durch das Wort "rechtliche" verdeutlicht § 2 Abs. 2 S. 1 BerHG, dass Beratungshilfe nicht die allgemeine Interessen- oder Lebensberatung meint, sondern nur die Rechtsberatung. Dies geht einher mit der Bestimmung in § 1 Abs. 1 BerHG, dass Beratungshilfe die Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten ist.

 

Rz. 6

Nach § 2 Abs. 3 BerHG ist Beratungshilfe in den Fällen generell ausgeschlossen, in denen ausländisches Recht anzuwenden ist, sofern der Sachverhalt nicht einen Bezug zum Inland aufweist.[1] Damit sind solche Fälle ausgeschlossen, in denen in Deutschland ansässige Ausländer sich wegen rechtlicher Fragen beraten lassen, die ausschließlich ihr Heimatland betreffen. Betrifft die Beratung die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung im Inland (vgl. für das gerichtliche Verfahren in Familiensachen §§ 107 ff. FamFG), darf Beratungshilfe nicht versagt werden.[2] Dagegen kommt Beratungshilfe über die Anerkennung eines in Deutschland ergangenen Scheidungsbeschlusses im Ausland nicht in Betracht. Ein zureichender Inlandsbezug ist nicht allein durch den Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland[3] und auch nicht durch eine im Inland durchgeführte Beratung gegeben.

[1] Vgl. zu dieser Vorschrift auch BVerfG NJW 1993, 383.
[2] Vgl. zu einem solchen Sachverhalt BVerfG NJW 1993, 383.
[3] AG Aschaffenburg JurBüro 1983, 723.

2. Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

 

Rz. 7

In Angelegenheiten des Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts kann nach § 2 Abs. 2 S. 2 BerHG Beratungshilfe nur für eine Beratung, nicht aber auch für eine Vertretung bewilligt werden. Durch die Regelung in § 2 Abs. 2 S. 2 BerHG wird auf das bestehende System der Pflichtverteidigung Rücksicht genommen. Denn in Strafsachen ist bereits im Ermittlungsverfahren und damit im außergerichtlichen Bereich insbesondere die Bestellung eines Pflichtverteidigers möglich.[4] Dementsprechend kann keine Geschäftsgebühr nach VV 2503 für die Vertretung festgesetzt werden, sondern nur die Gebühr nach VV 2501 für die Beratung.[5] Denn die Gebühr VV 2503 ist eine Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts, mithin für die außergerichtliche Vertretung. Dann aber würde die Festsetzung der Geschäftsgebühr der ratio des § 2 Abs. 2 S. 2 BerHG widersprechen.[6]

 

Rz. 8

Der Ausschluss der Vertretung sowie der Geschäftsgebühr VV 2503 gilt für die Vertretung bei Straftaten sowohl nach dem StGB als auch nach Nebenstrafrecht bei der Vertretung eines Privat- oder Nebenklägers oder eines Zeugen.[7]

[4] Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 445.
[5] Vgl. in diesem Zusammenhang auch Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 445; Volpert, StRR 2010, 333; Hansens, RVGreport 2008, 172; LG Braunschweig NdsRpfl 1985, 122; LG Braunschweig NdsRpfl 1986, 66; LG Berlin Rpfleger 1988, 489; LG Frankfurt JurBüro 1986, 732; LG Göttingen NdsRpfl 1983, 161; AG Mainz KostRsp. BRAGO § 132 Nr. 16; KostRsp. BRAGO § 132 Nr. 64.
[6] Groß, BerH/PKH/VKH, § 44 RVG Rn 20.
[7] LG Braunschweig Nds.Rpfl. 1986, 198; LG Frankfurt JurBüro 1986, 732; AG Essen StV 1986, 493; AG Neumünster JurBüro 1987, 1413; Burhoff/Volpert, RVG, A Rn 447; Hansens, in: Hansens/Braun/Schneider, Teil 7 Rn 9 und 88.

3. Prüfung der Erforderlichkeit der Vertretung

 

Rz. 9

Die Festsetzung und Erstattung der Geschäftsgebühr aus der Staatskasse (§ 44 S. 1) ist nach § 2 Abs. 1 BerHG aber zusätzlich davon abhängig, dass die Vertretung erforderlich gewesen ist. Erforderlich ist die Vertretung dann, wenn der Rechtsuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung der Rechtsangelegenheit für ihn, seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann.

 

Rz. 10

Ob eine Vertretung erforderlich ist, ergibt sich aus der Abwägung einerseits von Umfang, Schwierigkeit oder Bedeutung der Rechtsangelegenheit und andererseits von persönlichen Fähigkeiten des Rechtsuchenden.[8] Abzustellen ist dabei auf die individuelle Möglichkeit der Selbstvertretung des konkreten Antragstellers, nicht auf den durchschnittlichen Rechtsuchenden.[9] Dies bedeutet, dass insbesondere die Schul- und sonstige Bildung zu berücksichtigen und sodann in Relation zur Komplexität der Angelegenheit zu setzen sind, in der um Vertretung durch die Beratungsperson nachgesucht wird.[10] Die Regelung legt außerdem ausdrücklich fest, dass sich die Beurteilung, ob eine Vertretun...

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