Rz. 10

Der Tatbestand der Nr. 4 erfasst die Verfahren vor sonstigen "gesetzlich eingerichteten“ Einigungsstellen, Gütestellen und Schiedsstellen, also soweit sie nicht schon unter Nr. 1 bis 3 fallen. Ob eine derartige "gesetzlich eingerichtete" Stelle öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich betrieben wird, ist für den Tatbestand der Nr. 4 irrelevant. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Stelle durch ein Gesetz oder aufgrund einer in einem Gesetz enthaltenen Ermächtigung eingerichtet worden ist.[14]"

 

Rz. 11

Von der Regelung in Nr. 4 ist u.a. erfasst die Tätigkeit des Rechtsanwalts im:

Verfahren vor der Schiedsstelle für Urheberrechtsfälle beim Deutschen Patentamt nach den §§ 28 ff. ArbNErfG,[15]
Verfahren bei den von den Industrie- und Handelskammern eingerichteten Einigungsstellen nach § 15 UWG,
Verfahren vor den Schiedsämtern,
Verfahren vor den Schiedsstellen nach §§ 92 ff. VGG (§ 14 UrhWG a.F.),[16]
Verfahren vor Einigungsstellen nach §§ 39 ff. des Gesetzes über die Erstreckung von gewerblichen Schutzrechten,
Verfahren vor der bei der Bundesrechtsanwaltskammer eingerichteten Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft nach § 191f BRAO,
Verfahren vor der Schlichtungsstelle nach § 111b EnWG,
Verfahren vor der Schiedsstelle für Ansprüche gegen den Entschädigungsfonds nach § 14 Nr. 3a PflVG,
Verfahren vor der Schiedsstelle nach § 78g SGB VIII,
Verfahren vor der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI,
Verfahren vor der Schiedsstelle Qualitätssicherung nach § 113b SGB XI,
Verfahren vor der Schiedsstelle nach §§ 77 Abs. 1 S. 3, 80 SGB XII,
Verfahren vor der Schiedsstelle (Bundesverwaltungsamt) nach § 108 SGB XII,
Verfahren vor der Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 KHG und § 13 KHEntgG,
Einigungsstellenverfahren nach § 76a BetrVG,[17]
Einigungsstellenverfahren nach § 112 BetrVG,[18]
Verfahren vor dem Versicherungsombudsmann nach § 214 VVG.[19]
 

Rz. 12

Nicht hierzu zählen:

das Verfahren vor der Gutachterkommission bei der Landeszahnärztekammer oder bei der ärztlichen Schlichtungsstelle,[20] da diese Gutachterkommission keine gesetzlich eingerichtete Güte- oder Schiedsstelle i.S.v. VV 2303 darstellt;[21] es gilt die VV 2300;
Verfahren vor einer kirchlichen Vermittlungsstelle, deren Anrufung vor Beschreiten des Rechtsweges rein arbeitsvertraglich vereinbart ist;[22]
das Verfahren vor dem Integrationsamt nach den §§ 85 ff. SGB IX; es gilt die VV 2300; der Gegenstandswert richtet sich nach dem Regelstreitwert von 5.000 EUR;[23]
das Verfahren vor dem Güterichter nach dem MediationsG, das nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 zum Rechtszug gehört;[24]
die Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden nach § 54 ArbGG; es gelten die VV 3100 ff.
 

Rz. 13

Fraglich ist, ob für die Vertretung vor einer nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) gesetzlich anerkannten Verbraucherschlichtungsstelle ebenfalls eine Geschäftsgebühr nach VV 2303 entsteht. Während ein Teil der Verbraucherschlichtungsstellen nach dem VSBG nach anderen Vorschriften auch gesetzlich eingerichtet ist, z.B. die bei der Bundesrechtsanwaltskammer eingerichtete Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft nach § 191f BRAO, sind andere private Verbraucherschlichtungsstellen ausschließlich nach dem VSBG anerkannt. Vom Wortlaut der Vorschrift sind sie daher nicht erfasst. Eine analoge Anwendung wird in der Regel abgelehnt. Der BGH führt in seiner Entscheidung zu den kirchlichen Vermittlungsstellen aus, dass eine extensive Auslegung des seinem Wortsinn nach eindeutigen Begriffs der "gesetzlichen" Einrichtung in Ziff. 4 auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser einschränkenden Formulierung ausscheide. Aus dem Wortlaut der Regelung und der Bezugnahme auf die ausdrücklich unter Ziff. 1 bis Ziff. 3 erwähnten Schlichtungsstellen ergebe sich die Intention des Gesetzgebers, die Anwendung der besonderen Gebühr für das Vermittlungsverfahren im Interesse der Vorhersehbarkeit der Gebührenlast für die Parteien klar zu begrenzen. Durch die Beschränkung auf gesetzlich eingerichtete Einigungsstellen werde zugleich gewährleistet, dass die besondere Gebühr nur in Verfahren vor solchen Einigungsstellen anfällt, die aufgrund ihrer Besetzung und aufgrund eines strukturierten Verfahrens ein hinreichendes Maß an Neutralität und Kompetenz aufweisen. Dieser Zweck lasse sich nur durch eine restriktive, am Wortsinn orientierte Auslegung der Vergütungsvorschrift gewährleisten.[25]

 

Rz. 14

Während das Argument der Vorhersehbarkeit der Gebührenlast noch greifen mag, verfangen die anderen Gründe nicht. Um die Anerkennung als private Verbraucherschlichtungsstelle nach dem VSBG zu erhalten, müssen alle vorgegebenen gesetzlichen Voraussetzungen insbesondere auch im Hinblick auf Organisation, Besetzung, Verfahrensordnung, Unparteilichkeit und fachliche Kompetenz erfüllt werden. Fallen nachträglich notwendige Voraussetzungen weg, kann die Anerkennung widerrufen werden. Damit ist gewährleistet, dass ein Verfahren vor einer anerkannten Schlichtungsstelle dieselbe Qualität bietet...

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