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Weitere Voraussetzung der Anwendung von VV 1005, 1006 ist, dass in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in welchen Betragsrahmengebühren anfallen, es zu einer Einigung oder Erledigung gekommen ist. Zum Anfall der Einigungs- und Erledigungsgebühr im Allgemeinen unter Berücksichtigung der Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage wird auf die Erläuterungen zu VV 1000 und 1002 verwiesen.

Zur Erledigungsgebühr nach VV 1005, 1002 ist darauf hinzuweisen, dass die Gebührenposition im Widerspruchsverfahren nach Auffassung der Rechtsprechung regelmäßig eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache voraussetzt, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht.[1] Das ergibt sich aus dem Wortlaut von VV 1005, ihrem systematischem Zusammenhang mit vergleichbaren Gebührenpositionen, Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrer Entstehungsgeschichte.

Um den Begriff der "Erledigung" auszufüllen, verweist VV 1005 auf VV 1002. Die Erläuterung zu VV 1002 bestimmt in Satz 1, dass die Gebühr entsteht, wenn sich "eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Das Gleiche gilt nach Satz 2, "wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt". Nach Satz 1 muss mithin ein Verwaltungsakt mit einem Rechtsbehelf angefochten worden sein, der zu seiner Aufhebung oder Änderung führt; in der Folge, d.h. nach Tätigwerden sowohl der Behörde als auch des Anwalts, muss sich die Rechtssache dann erledigen. Die bloße Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs kann damit ebenso wenig für die Erfüllung des Tatbestands ausreichen wie umgekehrt die umgehende vollständige Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität. Die anwaltliche Mitwirkung muss vielmehr gerade kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein. Bereits das Wort "Mitwirkung" erfordert deshalb ein auf die Erledigung der Rechtssache gerichtetes Tätigwerden, das über die reine Widerspruchseinlegung und -begründung hinausgeht. Nur in diese Auslegung fügt sich auch der Wortlaut der inhaltlich neuen Erläuterung zu VV 1002 S. 2 ein, die den unter Geltung der BRAGO noch nicht ausdrücklich geregelten Fall betrifft, dass sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt (Verpflichtungswiderspruch). Die Worte "Das Gleiche gilt" stellen klar, dass es für das Entstehen einer Erledigungsgebühr sowohl in einer Anfechtungssituation als auch bei einem Verpflichtungsrechtsbehelf auf die auf Erledigung gerichtete Mitwirkung des Anwalts ankommt. Nichts anderes kann für eine Verwaltungsentscheidung gelten, die einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage vorgelagert ist. Die Regelungssystematik bestätigt das Erfordernis einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung des Rechtsanwalts. Auch in den anderen Fällen (Einigungsgebühr und Aussöhnungsgebühr) ist der Rechtsanwalt in einer Weise tätig geworden, die über die allgemeine Wahrnehmung verfahrensmäßiger bzw. rechtlicher Interessen für seinen Mandanten hinausgeht und damit eine Entstehung neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren rechtfertigt. Für die Auslegung der VV 1002 und damit insoweit auch der VV 1005 hat dann Gleiches zu gelten. Sinn und Zweck von VV 1005 entspricht es ebenfalls allein, vom Rechtsanwalt eine besondere Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache zu verlangen. Die Gebührentatbestände der VV 1000 ff. sollen nämlich durch die erfolgende zusätzliche Honorierung die streitvermeidende Tätigkeit des Rechtsanwalts fördern und damit eine gerichtsentlastende Wirkung herbeiführen. Die Richtigkeit der Auslegung wird schließlich durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Danach entstammt VV 1002, dementsprechend aber auch VV 1005, dem bis 30.6.2004 geltenden § 24 BRAGO. Die Regelungen sollen, selbst soweit sie über dessen Regelungsgehalt hinausgehen, der schon zu dieser Vorgängerregelung in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung entsprechen. Nach § 24 BRAGO erhielt der Rechtsanwalt eine volle Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigte und der Rechtsanwalt bei der Erledigung mitgewirkt hatte (Erledigungsgebühr). In den Verfahren nach § 183 SGG erhöhte sich gemäß § 116 Abs. 4 BRAGO in diesen Fällen der Betragsrahmen. Das setzte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein "besonderes Bemühen" des Rechtsanwalts um eine außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits voraus. Die alleinige Einlegung und Begründung eines Rechtsbehelfs, einer Klage oder eines Rechtsmittels war dagegen noch nicht ausreichend, um den Gebührentatbestand zu erfüllen. Um die erhöhte Gebühr beanspruchen zu können, musste der Rechtsanwalt auch im isolierten Vorverfahren vielmehr ein besonderes Bemühen um eine Einigung – sei ...

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