(1) Der Anwalt ist in dem Verfahren über die mitverglichenen Gegenstände nicht tätig

 

Rz. 191

Werden in die Einigung, Protokollierung oder Einigungsverhandlungen anderweitig anhängige Gegenstände miteinbezogen und ist der Anwalt hinsichtlich dieser anderweitig anhängigen Gegenstände bislang nicht beauftragt, so erhält er nach einhelliger Auffassung aus dem Mehrwert der Einigung eine Verfahrensgebühr.

 

Beispiel: Gegen ein Urteil i.H.v. 20.000 EUR wird Berufung eingelegt. Nach Erörterung wird eine Einigung geschlossen unter Einbeziehung einer anderweitig in erster Instanz anhängigen Forderung i.H.v. 5.000 EUR. In dem anderweitigen Verfahren waren die Berufungsanwälte nicht tätig.

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 25.000 EUR)
  1.398,40 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 25.000 EUR)
  1.048,80 EUR
3.

1,3-Einigungsgebühr, VV 1000, 1004

(Wert: 20.000 EUR)
1.068,60 EUR  
4.

1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003

(Wert: 5.000 EUR)
334,00 EUR  
 

gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als

1,3 aus 25.000 EUR
  1.136,20 EUR
5. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.603,40 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   684,65 EUR
Gesamt   4.288,05 EUR

(2) Der Anwalt ist auch in dem Verfahren über die mitverglichenen Gegenstände tätig

 

Rz. 192

Wurde dem Anwalt auch in dem Verfahren über die mitverglichenen Gegenstände ein Auftrag erteilt und hat er dort bereits die Verfahrensgebühr verdient, so ist umstritten, ob er bei einer Einigung im Rechtsmittelverfahren zusätzlich noch eine Verfahrensgebühr aus dem Mehrwert verdienen kann. Diese Situation tritt insbesondere dann auf, wenn der erstinstanzliche Anwalt gegen ein Teilurteil Berufung einlegt und in der Berufungsinstanz dann das gesamte Verfahren verglichen wird. Die gleiche Problematik stellt sich aber auch dann, wenn wechselseitige Klagen in getrennten Verfahren erhoben werden und im Berufungsverfahren über die eine Klage gleichzeitig das andere Klageverfahren mitverglichen wird.

 

Beispiel (Berufung gegen Teilurteil): Auf eine Klage über 25.000 EUR ergeht ein Teilurteil über 5.000 EUR, gegen das der Beklagte Berufung einlegt. Im Berufungsverfahren einigen sich die Parteien über die gesamten 25.000 EUR.

 

Beispiel (Berufung bei mehreren Verfahren): In einer Verkehrsunfallsache werden in getrennten Verfahren wechselseitig Schadensersatzklagen i.H.v. 20.000 EUR und 25.000 EUR erhoben. In beiden Verfahren sind dieselben Anwälte beteiligt. In dem Verfahren über 20.000 EUR ergeht ein klageabweisendes Urteil, gegen das Berufung eingelegt wird. In der Berufungsinstanz werden beide Verfahren verglichen.

 

Rz. 193

Nach Ansicht einiger Gerichte soll dem Anwalt in diesem Falle keine Verfahrensgebühr nach VV 3200, 3201 zustehen. Begründet wird dies damit, dass der Anwalt aus dem Mehrbetrag der Einigung bereits erstinstanzlich die volle Verfahrensgebühr nach VV 3100 verdient habe. Durch diese Gebühr würden weitere Bemühungen um eine einigungsweise Erledigung abgegolten, so dass der Anwalt insoweit nicht doppelt abrechnen dürfe.[167] Zu rechnen wäre danach wie folgt:

 
 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 20.000 EUR)
  1.315,20 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 25.000 EUR)
  1.048,80 EUR
3.

1,3-Einigungsgebühr, VV 1000, 1004

(Wert: 20.000 EUR)
1.068,60 EUR  
4.

1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003

(Wert: 5.000 EUR)
334,00 EUR  
 

gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als

1,3 aus 25.000 EUR
  1.136,20 EUR
5. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.520,20 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   668,84 EUR
Gesamt   4.189,04 EUR
 

Rz. 194

Diese Auffassung ist unzutreffend. Nach § 15 Abs. 2 S. 2 erhält der Anwalt in jedem Rechtszug gesonderte Gebühren. Schließt er im Berufungsrechtszug eine Einigung über Ansprüche, die anderweitig anhängig sind, so werden sie durch die Einigung (auch) zum Gegenstand der gebührenrechtlichen Angelegenheit des Berufungsverfahrens, unabhängig davon, ob der Anwalt hinsichtlich dieser Gegenstände seine Gebühren bereits anderweitig schon einmal verdient hat.[168] Abgesehen davon kann in einer Angelegenheit nie eine Gebühr nach einem höheren Wert anfallen als die Verfahrensgebühr(en). Hinzu kommt, dass die Anm. Abs. 1 zu VV 3101; Anm. Abs. 1 S. 2 zu VV 3201; Anm. zu VV 3207 i.V.m. Anm. Abs. 1 zu VV 3202 nur eine Anrechnung der Gebühren nach VV 3101 Nr. 2, VV 3201 Nr. 2 vorsehen, nicht aber auch der Gebühren nach VV 3100 und VV 3200 oder VV 3206. Zu rechnen ist daher wie folgt:

 
 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 25.000 EUR)
  1.398,40 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3202

(Wert: 25.000 EUR)
  1.048,80 EUR
3.

1,3-Einigungsgebühr, VV 1000, 1004

(Wert: 20.000 EUR)
1.068,60 EUR  
4.

1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003

(Wert: 5.000 EUR)
334,00 EUR  
 

gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als

1,3 aus 25.000 EUR
  1.136,20 EUR
5. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.603,40 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   684,65 EUR
Gesamt   4.288,05 EUR
 

Rz. 195

Entgegen der Auffassung des KG[169] führt dies auch nicht zwingend zu Mehrkosten, also zu einer höheren Vergütung des Anwalts. Im Gegenteil kann es für die Parteien kostengünstiger sein, in der Berufungsinstanz eine Gesamteinigung abzuschließen, als die jeweils in den Instanz...

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