Rz. 1

Die Gebührentatbestände der VV 4300 ff. regeln die Vergütung für Einzeltätigkeiten des Anwalts. Vergleichbar sind sie der Regelung der VV 3403, die für Einzeltätigkeiten innerhalb VV Teil 3 gilt. Bei den Gebühren nach VV 4300 ff. handelt es sich zum Teil um Einzelaktgebühren, wie etwa bei der Gebühr für die Einlegung der Berufung oder Revision (VV 4302 Nr. 1). Zum Teil handelt es sich aber auch um echte Verfahrensgebühren, wie etwa bei der Verkehrsanwaltsgebühr (VV 4301 Nr. 3) oder der Gebühr für die Vertretung im Klageerzwingungsverfahren (VV 4301 Nr. 5), die jeweils sämtliche Tätigkeiten in einem Verfahrensabschnitt abgelten.

 

Rz. 2

Die Vorschriften der VV 4300 ff. gelten zum einen für solche Einzeltätigkeiten, die für den Vollverteidiger (also den Anwalt, dem die Verteidigung insgesamt oder die Vertretung eines anderen Beteiligten i.S.d. VV Vorb. 4 Abs. 1 übertragen worden ist) durch die Gebühren der VV 4100 ff. abgegolten wären. Insoweit ist die Vorschrift also für den Vollverteidiger unanwendbar.

 

Beispiel: Der Anwalt wird beauftragt, die vom Verurteilten selbst eingelegte Berufung zu begründen. Alles Weitere will der Verurteilte selbst veranlassen.

Da der Anwalt nicht als Verteidiger beauftragt ist, richtet sich seine Vergütung nach VV 4301 Nr. 2. Als Verteidiger erhielte der Anwalt dagegen die Vergütung nach VV 4124. Die Vorschrift der VV 4301 Nr. 2 wäre für ihn daher insoweit unanwendbar.

 

Rz. 3

Daneben erfassen die VV 4300 ff. aber auch solche Tätigkeiten, die erst gar nicht in den Abgeltungsbereich der Gebühren der VV 4100 ff. gehören. Insoweit ist die Vorschrift daher auch für den (Voll)-Verteidiger anwendbar.

 

Rz. 4

Soweit das RVG vorrangige Bestimmungen enthält, ist die Anwendung der VV 4300 ff. ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn der Anwalt insoweit nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt ist. In diesen Fällen decken die speziellen Gebühren auch Einzeltätigkeiten ab. Dies gilt insbesondere:

im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG (es gelten die VV 3100 ff.);
im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 116 StVollzG (es gelten nach VV Vorb. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 7 die VV 3200 ff.);
für Tätigkeiten im Wiederaufnahmeverfahren (es gelten die VV 4136 ff.);
im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren gegen die Kostenfestsetzung oder den Kostenansatz (es gilt nach VV Vorb. 4 Abs. 5 die VV 3500);
in der Zwangsvollstreckung (es gilt nach VV Vorb. 4 Abs. 5 Nr. 1 die VV 3309 f.);
für Beschwerden in Zwangsvollstreckungssachen (es gilt nach VV Vorb. 4 Abs. 5 Nr. 2 die VV 3500);
für Anträge auf Tilgung von Eintragungen im Strafregister oder beschränkte Auskunftserteilung (es gilt VV 2300; im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gelten nach VV Vorb. 3.2.1 Abs. 1 Nr. 7 die VV 3200 ff.);[1]
für Tätigkeiten, die sich ausschließlich auf die Geltendmachung oder Abwehr eines aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren erstrecken (es gelten nach VV Vorb. 4.3 Abs. 2 die VV 4143, 4144).
 

Rz. 5

Unanwendbar sind die VV 4300 ff. schließlich, soweit sich die Tätigkeit nach VV 2300 richtet, also z.B. im Verwaltungsverfahren, das dem gerichtlichen Verfahren nach § 109 StVollzG vorangeht.[2]

[1] Madert, AnwBl 1982, 176, 177.
[2] OLG Karlsruhe JurBüro 1979, 857.

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