1. Anwendungsbereich

 

Rz. 150

VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. f führt die VV Vorb. 3.2.1 Nr. 8 a.F. fort, die eingeführt worden war durch das Zweite Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts (EnWG; in Kraft seit 13.7.2005), und beinhaltet eine gebührenrechtliche Sonderregelung für das Beschwerdeverfahren nach dem Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung. Beschwerdeverfahren nach dem EnWG wurden auch bisher nach den VV 3200 ff. vergütet. Allein systematische Gründe haben zu einer abweichenden numerischen Anordnung geführt, die mit inhaltlichen Änderungen nicht einhergeht.[64]

 

Rz. 151

Im Falle der Anfechtung einer von der Regulierungsbehörde erlassenen vorläufigen Anordnung (§ 72 EnWG) oder bei einem Antrag auf Erlass einer solchen beim Beschwerdegericht (§ 76 Abs. 3 EnWG) finden §§ 16 Nr. 5 und 17 Nr. 4 Anwendung. Für diese besonderen Angelegenheiten bestimmen sich die Gebühren nach VV Teil 3 Abschnitt 2; VV Vorb. 3.2 Abs. 2 betrifft diesen Fall nicht, weil das Beschwerdeverfahren kein Verfahren "vor dem Beschwerdegericht", sondern wie ein erstinstanzliches Verfahren zu behandeln ist.

 

Rz. 152

Das EnWG bezweckt eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas (§ 1 Abs. 1 EnWG). Ferner bezweckt es die Umsetzung und Durchführung des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet der leitungsgebundenen Energieversorgung (§ 1 Abs. 3 EnWG).

 

Rz. 153

Von VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. f werden folgende Fälle erfasst:

Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen (§§ 73 Abs. 1 S. 1, 75 Abs. 1 S. 1 EnWG) bzw. gegen vorläufige Anordnungen (§§ 72, 75 Abs. 1 S. 1 EnWG) und gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung (§ 75 Abs. 3) der Regulierungsbehörde.
 

Rz. 154

Unanwendbar ist die Vorschrift hingegen:

in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren (§§ 65 ff. EnWG). In diesem Verfahren ergeben sich die Gebühren aus VV 2300 ff., wobei die in diesem Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr nach VV 2300 bis 2303 gemäß VV Vorb. 3 Abs. 4 zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird;
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem EnWG ergeben und für die gemäß § 102 EnWG eine ausschließliche (§ 108 EnWG) Zuständigkeit der Landgerichte begründet ist; hierfür finden die VV 3100 ff. und 3200 ff. unmittelbare Anwendung. Kommt es in derartigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu Beschwerden, für die die Zuständigkeit des Kartellsenats (§ 106 Abs. 1 EnWG) gegeben ist, findet nicht VV Teil 3 Abschnitt 2 mit VV 3200 ff., sondern VV Teil 3 Abschnitt 5 mit VV 3500 ff. Anwendung;
im Bußgeldverfahren gemäß §§ 95 ff. EnWG. Die Gebühren richten sich nach VV Teil 5.
[64] Schneider/Thiel, Das neue Gebührenrecht für Rechtsanwälte, § 3 Rn 900.

2. Gebühren

 

Rz. 155

Gemäß Nr. 2 Buchst. f gelten in den Beschwerdeverfahren nach dem EnWG die Vorschriften des VV Teils 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1. Eine Anwendung des Unterabschnitts 2 scheidet aus, weil sich die Parteien nicht nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können (§ 80 EnWG).

a) Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201

 

Rz. 156

Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information erhält der Anwalt eine Verfahrensgebühr mit einem Gebührensatz von 1,6 (wegen der Einzelheiten zum Begriff der Verfahrensgebühr vgl. VV Vorb. 3 Abs. 2)

 

Rz. 157

Wird der Auftrag vorzeitig beendet, reduziert sich die Verfahrensgebühr auf einen Gebührensatz von 1,1 (wegen der Einzelheiten des Begriffs der vorzeitigen Beendigung vgl. VV 3201 Rdn 1 ff.).

 

Rz. 158

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, so erhöht sich die Verfahrensgebühr um jeweils 0,3 je weiteren Auftraggeber, maximal jedoch um einen Gebührensatz von 2,0.

b) Terminsgebühr, VV 3202

 

Rz. 159

Für

die Vertretung in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Termin (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 1) oder
die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 1) oder
die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts – soweit es sich nicht um Besprechungen mit dem Auftraggeber handelt (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2) –

erhält der Anwalt eine 1,2-Terminsgebühr.

 

Rz. 160

Dabei fällt die Terminsgebühr auch dann an, wenn das Beschwerdegericht gemäß § 81 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. EnWG im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheidet (vgl. auch VV 3202 Rdn 1 ff.).

 

Rz. 161

Eine reduzierte Terminsgebühr nach VV 3203 kann nicht entstehen (arg. e § 81 Abs. 2 EnWG). Insoweit steht der in Verfahren nach dem EnWG geltende Untersuchungsgrundsatz entgegen (§ 82 Abs. 1 EnWG).

c) Einigungs-/Erledigungsgebühr, VV 1000, 1002

 

Rz. 162

Eine Einigungsgebühr nach VV 1000 Abs. 1 Nr. 1 kann nicht entstehen, weil die Parteien über die Ansprüche nicht vertraglich verfügen können (vgl. Anm. Abs. 4 zu VV 1000).

 

Rz. 163

Hingegen kann eine Erledigungsgebühr entstehen, wenn sich das Beschwerdeverfahren durch Zurücknahme der Ve...

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