1. Anwendungsbereich

 

Rz. 121

VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. e entspricht der früheren VV Vorb. 3.2.1 Nr. 4, die den früheren § 65a S. 1 und 3 BRAGO nach Inkrafttreten des RVG inhaltlich fortführte. Die in § 65a S. 2 BRAGO angeführten Fälle in Eilverfahren nach § 115 Abs. 2 S. 2 und 3 (später § 115 Abs. 2 S. 5 u. 6 und seit dem 18.4.2016 § 169 Abs. 2 S. 5 und 6), § 118 Abs. 1 S. 3 (seit dem 18.4.2016 § 173 Abs. 1 S. 3) sowie nach § 121 (seit dem 18.4.2016 § 176) GWB sind nach wie vor in Vorb. 3.2. Abs. 2 S. 3 gesondert geregelt (siehe VV Vorb. 3.2 Rdn 42 ff.).

 

Rz. 122

VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. e beinhaltet eine Sonderregelung für gerichtliche Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Das GWB befasst sich zum einen mit dem Zusammenschluss wirtschaftlicher Unternehmungen. Da ein solcher Zusammenschluss zu nicht gewünschten Einschränkungen des freien Wettbewerbs führen kann, regelt das GWB diese Materie durch ein entsprechendes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Einzelheiten dazu ergeben sich aus dem 1. Teil (§§ 1 bis 47 GWB). Der 2. Teil (§§ 48 bis 53 GWB) regelt die Frage der Bestimmung von Kartellbehörden, während der 3. Teil (§§ 54 bis 95 GWB) die verfahrensrechtlichen Vorschriften für das Verwaltungsverfahren vor den Kartellbehörden sowie für die gerichtlichen Verfahren enthält. Gegen Verfügungen der Kartellbehörden sowie gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung ist gemäß §§ 63 ff. GWB die Beschwerde zu den Oberlandesgerichten eröffnet; zuständig ist das für den Sitz der Kartellbehörde zuständige OLG. Gegen Entscheidungen des OLG findet die Rechtsbeschwerde zum BGH statt.

 

Rz. 123

Das GWB regelt zum anderen im 4. Teil (§§ 97 bis 184 GWB) die Vergabe öffentlicher Aufträge, die gemäß §§ 155 ff. GWB auf Antrag der Nachprüfung durch Vergabekammern unterliegt. Gegen deren Entscheidung ist nur die sofortige Beschwerde an dasjenige OLG zulässig, das für den Sitz der Vergabekammer zuständig ist (§ 171 Abs. 3 GWB). Soweit das OLG von einer Entscheidung eines anderen OLG oder des BGH abweichen will, muss es die Sache dem BGH vorlegen (§ 179 Abs. 2 GWB). Diese Vorlagepflicht gilt jedoch nicht in Verfahren nach § 173 Abs. 1 S. 3 (bis 17.4.2016: § 118 Abs. 1 S. 3) und nach § 176 (bis 17.4.2016: § 121) GWB.

 

Rz. 124

Von VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. e werden folgende Fälle erfasst:

Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen der Kartellbehörden oder gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung nach §§ 63 ff. GWB;
die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammern, § 171 Abs. 1 GWB. Zu solchen Entscheidungen gehört auch die Kostengrundentscheidung.[39]
 

Rz. 125

Während Beschwerdeverfahren gegen die Kostengrundentscheidung vom Wortlaut der VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. a bis d nicht erfasst, vielmehr ausgeschlossen sind und nach VV 3500 vergütet werden, begrenzt der Wortlaut der Nr. 2 Buchst. e den Anwendungsbereich nicht auf bestimmte Beschwerden, ist vielmehr eröffnet für alle Beschwerden, die nach dem GWB grundsätzlich in Betracht kommen.

 

Rz. 126

Unanwendbar ist die Vorschrift hingegen:

auf Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde (§ 75 GWB) in einer Entscheidung des OLG (§ 74 Abs. 1 und 3 GWB), weil die VV Vorb. 3.2 Abs. 1 nur die hiervon zu unterscheidenden Fälle der Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht auf Zulassung des Rechtsmittels betrifft; es finden daher VV 3504, 3505 Anwendung.
in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren (§§ 54 bis 62 sowie §§ 97 ff. GWB). In diesen Verfahren ergeben sich die Gebühren aus VV 2300.[40] Streitig war, ob die in diesen Verwaltungsverfahren bzw. im Nachprüfungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr nach VV 2300 gemäß VV Vorb. 3 Abs. 4 zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen ist.[41] Der BGH hat nunmehr[42] eine Anrechnung bejaht, wobei eine solche – auch für Altfälle – aber nur unter den Voraussetzungen des § 15a Abs. 2 stattfindet.[43]
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem GWB oder aus Kartellvereinbarungen sowie aus Kartellbeschlüssen ergeben und für die gemäß § 87 GWB eine ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte begründet ist; hierfür finden die VV 3100 ff. und 3200 ff. unmittelbare Anwendung. Kommt es in derartigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu Beschwerden, für die die Zuständigkeit des Kartellsenats gegeben ist (§§ 87, 89, 91 ff. GWB), findet nicht Teil 3 Abschnitt 2 mit VV 3200 ff., sondern Teil 3 Abschnitt 5 mit VV 3500 ff. Anwendung;[44]
in Bußgeldverfahren gemäß §§ 81 ff. GWB. Die Gebühren richten sich nach VV Teil 5.
 

Rz. 127

Im Falle der Anfechtung einer von der Kartellbehörde erlassenen einstweiligen Anordnung (§§ 60, 64 Abs. 2 GWB) oder bei einem Antrag auf Erlass einer solchen beim Beschwerdegericht (§ 65 Abs. 3 GWB) finden §§ 16 Nr. 5 und 17 Nr. 4 Anwendung. Für diese besonderen Angelegenheiten bestimmen sich die Gebühren ebenfalls nach VV Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1.[45]

[39] OLG Düsseldorf OLGR 2001...

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