a) Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201

 

Rz. 59

Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information erhält der Anwalt eine Verfahrensgebühr VV 3200 zu einem Gebührensatz von 1,6 (wegen der Einzelheiten zum Begriff der Verfahrensgebühr vgl. VV Vorb. 3 Abs. 2.) Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber erhöht sich die Gebühr um 0,3 je weiteren Auftraggeber, sofern derselbe Gegenstand zugrunde liegt.

 

Rz. 60

Das gilt auch dann, wenn der Hauptgegenstand eine Endentscheidung in einer einstweiligen Anordnungssache betrifft.

 

Rz. 61

Wird der Auftrag vorzeitig beendet, reduziert sich die Verfahrensgebühr auf einen Gebührensatz von 1,1. Nach VV 3201 ist eine Ermäßigung auf den Gebührensatz von 1,1 in Familiensachen vorgesehen, wenn

der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel einlegt,
Verhandlungen vor Gericht zur Einigung der Beteiligten oder mit Dritten über nicht rechtshängige Ansprüche geführt werden,
der Verfahrensgegenstand nur die Erteilung einer Genehmigung oder die Zustimmung des Familiengerichts zum Gegenstand hat oder sich in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Tätigkeit auf die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels und die Entgegennahme der Rechtsmittelentscheidung beschränkt.
 

Beispiel: Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin legt gegen den Beschluss des Familiengerichts in der Versorgungsausgleichssache Beschwerde ein, begründet diese und nimmt die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts entgegen. Der Verfahrenswert beträgt 1.800 EUR.

Abzurechnen ist wie folgt:

 
1.

1,1-Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201 Abs. 2 Nr. 2

(Wert: 1.800 EUR)
  182,60 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 202,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   38,49 EUR
Gesamt   241,09 EUR
 

Beispiel: Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin legt gegen den Beschluss des FamG in der Versorgungsausgleichssache Beschwerde ein, begründet, erwidert auf den Schriftsatz des Antragsgegners und nimmt die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts entgegen. Der Verfahrenswert beträgt 1.800 EUR. Nunmehr liegt keine eingeschränkte Tätigkeit vor, die eine Ermäßigung nach VV 3201 nach sich ziehen könnte.

Abzurechnen ist demgemäß wie folgt:

 
1.

1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200

(Wert: 1.800 EUR)
  265,60 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 285,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   54,26 EUR
Gesamt   339,86 EUR

b) Terminsgebühr, VV 3202, 3203

 

Rz. 62

Hinzukommen kann eine Terminsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 1 und S. 3 i.V.m. VV 3202. Die Terminsgebühr entsteht im Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu einem Gebührensatz von 1,2.

 

Rz. 63

Das 2. KostRMoG hat durch die neue Formulierung klargestellt, dass auch alle in Betracht kommenden Anhörungstermine in Familiensachen eine Terminsgebühr auslösen.

 

Rz. 64

Darüber hinaus entsteht die Terminsgebühr nach VV 3202 auch dann, wenn in Familienstreitsachen im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden oder ein Vertrag i.S.d. VV 1000 geschlossen wird (Anm. Abs. 1 zu VV 3202). Dies gilt auch im Falle eines Anerkenntnisbeschlusses ohne mündliche Verhandlung.[30]

Die Terminsgebühr fällt aber weder in Familienstreitsachen noch in den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit an, wenn das Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne gerichtlichen Termin oder mündliche Verhandlung entscheidet.[31]

 

Rz. 65

Eine Gebühr nach VV 3203 kommt in den Beschwerdeverfahren, die Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit betreffen, nicht in Betracht. Weil in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, sind Versäumnisentscheidungen in diesen Verfahren nicht vorgesehen.

 

Rz. 66

Soweit im Beschwerdeverfahren der Erlass einer Versäumnisentscheidung in Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) oder in der Ehesache bei Säumnis des Antragstellers in Betracht kommt, kann eine ermäßigte Terminsgebühr nach VV 3203 entstehen und zwar zu einem Gebührensatz in Höhe von 0,5.

 

Rz. 67

Auch eine Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen nach VV 1010 kann ausgelöst werden, weil Familiensachen solche sind, deren Gebühren sich nach VV Teil 3 richten: Voraussetzung ist nach VV 1010 aber, dass mindestens drei gerichtliche Termine stattfinden, in denen Sachverständige oder Zeugen vernommen werden.

[30] OLG Stuttgart 12.5.2017 – 8 WF 106/17, AGS 2017, 378 mit zust. Anm. N. Schneider = RVGreport 2017, 295 = AnwBl 2017, 895.
[31] OLG Celle 18.12.2012 – 17 WF 165/12; KG 14.11.2011 – 19 WF 232/11, AGS 2012, 130 = FamRZ 2012, 812; ausführlich N. Schneider, AGkompakt 2019, 51, 55; N. Schneider, FF 2013, 152.

c) Einigungsgebühr, VV 1000, 1004

 

Rz. 68

Wird im Beschwerdeverfahren eine Einigung geschlossen, so kann eine Einigungsgebühr nach VV 1000 Abs. 1 Nr. 1, und zwar in Höhe von 1,3 (VV 1004), hinzutreten, soweit der Gegenstand der Einigung im Beschwerdeverfahren anhängig ist. Die frühere Streitfrage, ob VV 1003 oder VV 1004 gelte, ist durch die bereits zum 1.9.2009 mit dem FGG-ReformG eingeführte Anm. Abs. 1 zu VV 1004 jetzt gesetzlich geregelt.

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