1. Überblick

 

Rz. 316

Da es sich bei einem Verfahren nach Zurückverweisung um eine neue selbstständige Angelegenheit handelt, kann ein Wechsel des Gebührenrechts in Betracht kommen. Für jede Angelegenheit ist dann jeweils nach §§ 60, 61 zu prüfen, welches Gebührenrecht zur Anwendung kommt.

2. Übergang BRAGO/RVG

 

Rz. 317

Ist in einem vor dem 1.7.2004 eingeleiteten Verfahren, das sich nach der BRAGO richtet, das Verfahren nach dem 30.6.2004 vom Rechtsmittelgericht zurückverwiesen worden, so richten sich die Gebühren im Verfahren nach Zurückverweisung nach neuem Recht, wenn zwischenzeitlich eine Gesetzesänderung in Kraft getreten ist.[389]

 

Rz. 318

Handelt es sich um ein Verfahren nach VV Teil 3, ist auch die Anrechnung zu beachten. Während für Verfahren nach VV Teil 3 die VV Vorb. 3 Abs. 6 vorsieht, dass die Verfahrensgebühr des Verfahrens vor Zurückverweisung auf die Verfahrensgebühr des Verfahrens nach Zurückverweisung angerechnet wird – es sei denn, es wird an ein Gericht zurückverwiesen, das mit der Sache noch nicht befasst war – sah die BRAGO vor, dass die Prozessgebühr erst gar nicht mehr erneut anfalle (§ 15 Abs. 1 BRAGO). Faktisch handelte es sich nach der BRAGO aber auch um eine Anrechnung, so dass hier im Übergangsfällen analog § 15 Abs. 1 BRAGO die BRAGO-Prozessgebühr auf die RVG-Verfahrensgebühr angerechnet wird.[390]

 

Beispiel: Das Verfahren aus dem Jahr 2003 (Wert: 5.000 EUR) wurde im August 2006 vom Berufungsgericht an das Ausgangsgericht zurückverwiesen, vor dem dann erneut verhandelt worden ist.

I. Verfahren vor der Zurückverweisung

 
1. 10/10-Prozessgebühr, § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO   301,00 EUR
2. 10/10-Verhandlungsgebühr, § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO   301,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, § 26 S. 2 BRAGO   20,00 EUR
  Zwischensumme 622,00 EUR  
4. 16 % Umsatzsteuer, § 25 Abs. 2 BRAGO   99,52 EUR
Gesamt   721,52 EUR

II. Verfahren nach der Zurückverweisung (RVG[391])

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 6 anzurechnen   – 301,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 554,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   105,26 EUR
Gesamt   659,26 EUR
 

Rz. 319

Entsprechendes gilt auch dann, wenn ein FGG-Verfahren nach altem Recht zurückverwiesen wird:[392]

 

Beispiel: In einem Verfahren über die elterliche Sorge (Abrechnung nach BRAGO), hat das OLG auf die Beschwerde hin die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Vor dem FamG wird daraufhin erneut verhandelt (Abrechnung nach RVG).

Zu rechnen ist ausgehend von einem Streitwert i.H.v. 3.000 EUR (§§ 94 Abs. 2 S. 1, 30 Abs. 2 KostO a.F.) wie folgt:

I. Verfahren vor Zurückverweisung

 
1. 10/10-Geschäftsgebühr, § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO   189,00 EUR
2. 10/10-Besprechungsgebühr, § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO   189,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, § 26 S. 2 BRAGO   20,00 EUR
  Zwischensumme 398,00 EUR  
4. 16 % Umsatzsteuer, § 25 Abs. 2 BRAGO   63,68 EUR
Gesamt   461,68 EUR

II. Verfahren nach Zurückverweisung (RVG[393])

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   288,60 EUR
2.

analog VV Vorb. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,

10/10 aus 3.000 EUR
  – 189,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   266,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 386,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   73,34 EUR
Gesamt   459,34 EUR
[389] LG München AGS 2007, 459; OLG München AGS 2007, 624 = NJW-Spezial 2007, 524; OLG Düsseldorf AGS 2008, 242 = NJW-Spezial 2008, 189; ebenso noch zur BRAGO: KG JurBüro 1973, 309; OLG Hamburg JurBüro 1977, 201; OLG Bamberg JurBüro 1980, 537; OLG Hamm JurBüro 1980, 537; ebenso, allerdings das Verfahren nach Zurückverweisung wie ein Rechtsmittel betrachtend: LG Düsseldorf JurBüro 1978, 1166; JurBüro 1988, 1351; OLG Stuttgart JurBüro 1989, 1404; OLG Zweibrücken JurBüro 2000, 21; a.A. OLG Hamm JurBüro 1964, 429.
[390] LG München AGS 2007. 459; OLG München AGS 2007, 624 = NJW-Spezial 2007, 524; OLG Düsseldorf AGS 2008, 242 = NJW-Spezial 2008, 189.
[391] Nach den Gebührenbeträgen bis zum 31.7.2013 (§ 60 RVG).
[392] OLG Düsseldorf AGS 2008, 242 = NJW-Spezial 2008, 189.
[393] Nach den Gebührenbeträgen bis zum 31.7.2013 (§ 60 RVG).

3. Übergang 2. KostRMoG

 

Rz. 320

Hinsichtlich der Anrechnungsregelung der VV Vorb. 3 Abs. 6 gab es keine Änderungen durch das 2. KostRMoG. Durch die Änderung der Gebührenbeträge der §§ 13 und 49 ergeben sich grundsätzlich keine Besonderheiten.

 

Rz. 321

Soweit die Gebührenbeträge vor Anrechnung geringer sind als nach der Neufassung, wird nur der geringere Gebührenbetrag des vorangegangenen Verfahrens angerechnet, da nur das angerechnet werden kann, was dem Anwalt auch zufließt.

 

Beispiel 1: Der Anwalt war in 2012 in einem Verfahren vor dem LG (Streitwert: 12.000 EUR) tätig. Auf die Berufung hin ist die Sache im August 2013 an das LG zurückverwiesen und erneut verhandelt worden.

Abzurechnen war im Ausgangsverfahren wie folgt:

I. Ausgangsverfahren (RVG i.d.F. bis zum 31.7.2013; Wert: 12.000 EUR)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   683,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr...

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