a) Allgemeines

 

Rz. 49

Grundsätzlich ist in VV 3305 bis 3308 geregelt, welche Gebühren für den im Mahnverfahren tätigen Rechtsanwalt anfallen. Es kann also auf die dortige Kommentierung verwiesen werden. Hier sollen nur einige Besonderheiten behandelt werden, die im Mahnverfahren zum Entstehen einer Verfahrensgebühr nach VV 3100 führen können.

b) Klageabweisungsantrag im Widerspruchsschreiben

 

Rz. 50

Die Einlegung des Widerspruchs durch den Antragsgegner ist mit der Gebühr nach VV 3307 abgegolten und lässt keine zusätzliche Verfahrensgebühr nach VV 3100 entstehen.[55] Verknüpft der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners den Widerspruch gemäß § 694 ZPO mit dem Antrag, die Klage abzuweisen, stellt sich einerseits die Frage, ob hierdurch eine volle Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3 entsteht, andererseits gegebenenfalls die weitere Frage, ob eine solche Verfahrensgebühr auch erstattungsfähig ist.

 

Rz. 51

Da der Anwalt des Antragsgegners mit der Vertretung im Verfahren beauftragt wurde und der Klageabweisungsantrag einen Sachantrag darstellt, ist die volle 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 entstanden.[56] Erstattungsfähig ist die volle Verfahrensgebühr aber nicht, da mangels Vorliegen einer Anspruchsbegründung im Regelfall keine Notwendigkeit besteht, zu diesem Zeitpunkt einen Klageabweisungsantrag zu stellen. Es ist vielmehr nur die Verfahrensgebühr VV 3101 i.H.v. 0,8 erstattungsfähig, auf die die Verfahrensgebühr nach VV 3307 angerechnet wird.[57]

 

Rz. 52

Stellt der Rechtsanwalt des Antragsgegners aber in der Widerspruchsschrift den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens (§ 696 Abs. 1 S. 2 ZPO) oder auf Verweisung des Rechtsstreits, so nimmt er eine Prozesshandlung im Streitverfahren vor, wodurch ihm eine volle 1,3-Verfahrensgebühr erwächst. Gleiches gilt, wenn er nach Untätigkeit des Antragstellers den Kostenvorschuss zahlt, Abgabe an das Streitgericht beantragt und dort – nach weiterem erfolglosem Zuwarten – einen Antrag nach § 697 Abs. 3 ZPO stellt.[58]

[55] OLG Düsseldorf AGS 2006, 22 m. Anm. N. Schneider = JurBüro 2005, 473.
[56] OLG Frankfurt JurBüro 1980, 540; OLG Schleswig JurBüro 1980, 1523; OLG Koblenz AGS 2002, 140.
[58] OLG Naumburg RVGreport 2012, 223.

c) Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gemäß § 696 ZPO

 

Rz. 53

Stellt der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners den Antrag gemäß § 696 Abs. 1 ZPO, das Verfahren an das Prozessgericht zur Durchführung des streitigen Verfahrens abzugeben, erwächst ihm hierfür eine volle Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3, da es sich um einen verfahrenseinleitenden Antrag i.S.v. VV 3101 Nr. 1 handelt.[59]

 

Rz. 54

Die Frage der Erstattungsfähigkeit ist hiervon zu unterscheiden: Hat der Gläubiger bereits im Mahnbescheid den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt, so soll ein gleich lautender Antrag des Beklagten zusammen mit seinem Widerspruch überflüssig sein, die Gebühr damit nicht erstattungsfähig.[60]

 

Rz. 55

Hat der Kläger den entsprechenden Antrag im Mahnbescheid noch nicht gestellt bzw. hat er ihn zum Zeitpunkt des gleich lautenden Antrags des Beklagten noch nicht gestellt, ist die volle Verfahrensgebühr des Beklagten erstattungsfähig.[61] Die Rechtsprechung vertritt insoweit die Auffassung, dass der Beklagte berechtigt ist, die Abgabe des Mahnverfahrens an das Streitgericht zu beantragen, wenn dies von Seiten des Klägers nicht getan und von diesem auch nicht die Rücknahme des Mahnbescheids erklärt wird. Bei dieser Sachlage ist der von dem Beklagten gestellte Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens und Abgabe an das Streitgericht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.[62]

 

Rz. 56

Die volle Verfahrensgebühr i.H.v. 1,3 fällt auch dann an und ist erstattungsfähig, wenn der Antragsteller den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zurücknimmt und der Rechtsanwalt des Antragsgegners daraufhin seinerseits die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt.[63]

 

Rz. 57

Der Erstattungsfähigkeit steht im Übrigen auch nicht die Erwägung entgegen, dass der Beklagte selbst in der Lage gewesen wäre, den entsprechenden Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zu stellen, weil er aufgrund seiner Ausbildung wissensmäßig hierzu in der Lage gewesen wäre, da insoweit kein Anwaltszwang besteht. Bei der Frage der Erstattungsfähigkeit kommt es auf diese Gesichtspunkte nicht an. Die Kosten eines Rechtsanwalts sind immer erstattungsfähig, wenn die einzelne Maßnahme zur zweckentsprechenden Führung des Rechtsstreits notwendig war.[64]

[59] Hartmann/Toussaint, KostR, VV 3100 Rn 46 Stichwort "Widerspruch"; OLG Hamburg JurBüro 1993, 95 m.w.N.; OLG Hamburg JurBüro 1994, 608 m.w.N.; OLG Jena JurBüro 2000, 472; LG Kiel JurBüro 1998, 360; OLG Hamm JurBüro 1989, 980; OLG Koblenz JurBüro 2002, 76; OLG Köln JurBüro 2000, 78.
[60] OLG Bamberg JurBüro 1986, 228; OLG Köln JurBüro 1989, 491.
[61] Mümmler in Anm. zu OLG Hamburg JurBüro 1994, 608 m.w.N.
[62] OLG Jena JurBüro 2000, 472.
[63] OLG Koblenz JurBüro 1980, 1835.
[64] OLG Jena JurBüro 2000, 472 m.w.N.

d) Verfahrensgebühr nach Abgabe an das Prozessgericht

aa) Anwalt des Beklagten

 

Rz. 58

Ist das Mahnverfahren auf Antrag des Klägers an das Stre...

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