Rz. 16

Der zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt erhält die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Die Verfahrensgebühr deckt damit die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts ab, die dieser außerhalb der mündlichen Verhandlung erbringt, und zwar vom Beginn des ihm erteilten Auftrags hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss der Instanz. Unerheblich ist, in welchem Verfahrensstadium der Rechtsanwalt zum Prozessbevollmächtigten bestellt wird. Es ist also für das Entstehen der Verfahrensgebühr gleichgültig, ob oder wie lange ein gerichtliches Verfahren schon anhängig ist oder ob dieses erst nach Beauftragung des Anwalts anhängig gemacht werden soll.[10]

 

Rz. 17

Mit der Verfahrensgebühr wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts während des Rechtszugs vergütet, soweit nicht andere Tatbestände, wie z.B. VV 3104 (Terminsgebühr) oder VV 1003 (Einigungsgebühr), gesonderte Gebühren vorsehen. Welche Tätigkeiten gebührenrechtlich zum Rechtszug gehören und daher von der Verfahrensgebühr abgegolten sind, ergibt sich aus § 19. Ausdrücklich nennt Abs. 2 die Information, also die durch den Rechtsanwalt geleistete und das gerichtliche Verfahren betreffende Informationsbeschaffung und -vermittlung, die grundsätzlich neben der Verfahrensgebühr nicht gesondert vergütet wird. Dies gilt auch dann, wenn die Informationsbeschaffung sehr arbeitsaufwändig sein sollte.[11]

 

Rz. 18

Auch die Kommunikation in einer fremden Sprache wird dem zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalt im Regelfall nicht gesondert vergütet, wenn er die Fremdsprache selbst beherrscht.[12] Von diesem Grundsatz wird man jedoch dann eine Ausnahme machen müssen, wenn die Übersetzungstätigkeit des Rechtsanwalts eine über den normalen Tätigkeitsbereich erheblich hinausgehende Arbeit darstellt, z.B. dann, wenn in erheblichem Umfang genau zu übersetzende Texte in eine fremde Sprache übertragen werden müssen.[13] Dies folgt schon daraus, dass der Anwalt, wenn er mangels eigener Sprachkenntnisse die Übersetzung durch Dritte vornehmen lassen würde, die entsprechenden Aufwendungen nach VV Teil 7 erstattet bekäme.

 

Rz. 19

Ausgehend von diesem Grundsatz wird man sagen können, dass diejenige Tätigkeit von der Verfahrensgebühr abgedeckt wird, die von dem Rechtsanwalt keine besonderen Fachkenntnisse abverlangt, die außerhalb des juristischen Bereichs liegen.[14] Werden darüber hinausgehende Fähigkeiten verlangt, die der Anwalt nur durch eine zusätzliche Ausbildung erlangen konnte, kann er eine zusätzliche Gebühr geltend machen, die sich nach dem JVEG richtet.[15] Da die dort festgelegten Gebührensätze für eine Anwaltskanzlei in den seltensten Fällen auch nur kostendeckend sind, empfiehlt sich eine Honorarvereinbarung mit dem Mandanten, sobald die Notwendigkeit besonderer Fachkenntnisse erkennbar wird.

 

Rz. 20

Ferner deckt die Verfahrensgebühr auch den Aufwand für sämtliche Besprechungen und sonstige Kontaktaufnahmen ab, die der Rechtsanwalt mit seinem Auftraggeber führt. Für Besprechungen, die der Rechtsanwalt mit dem Gegner oder dessen Rechtsanwalt führt, gilt Folgendes: Bei solchen Besprechungen mit dem Gegner oder dessen Anwalt ohne Beteiligung des Gerichts wird die Abgrenzung zwischen der Geschäftsgebühr gemäß VV 2300 und der Verfahrens- bzw. Terminsgebühr nach VV 3100, 3104 nach dem Inhalt des Auftrags vorgenommen:

Hat der Anwalt zunächst nur den Auftrag zur außergerichtlichen Geltendmachung, so wird seine gesamte Tätigkeit, inklusive eventueller Besprechungen mit der Gegenseite, mit der Geschäftsgebühr nach VV 2300 abgegolten. Eine Terminsgebühr entsteht für diese Besprechungen nicht, da mangels eines unbedingten Auftrags zur Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren der Anwendungsbereich von VV Teil 3 nicht eröffnet ist. Schließt sich an eine solche außergerichtliche Tätigkeit später ein Prozessauftrag an, wird die Geschäftsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 4 zur Hälfte – maximal mit 0,75 – auf die Verfahrensgebühr angerechnet.
Hat der Anwalt im Zeitpunkt der außergerichtlichen Geltendmachung bereits einen unbedingten Prozess- oder Verfahrensauftrag, so wird seine Tätigkeit mit der Verfahrensgebühr und eventuelle Besprechungen mit der Gegenseite, die der Vermeidung des gerichtlichen Verfahrens dienen, mit der Terminsgebühr abgegolten. Für die außergerichtliche Tätigkeit fällt dagegen keine Geschäftsgebühr mehr an.[16]
 

Rz. 21

Da der Gebührenrahmen für eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 zwischen 0,5 und 2,5 liegt und nach Abs. 4 die Geschäftsgebühr nur zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird, ist es denkbar, dass – soweit es später zum Prozess kommt – bei einer zunächst außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts vor Annahme eines Prozessauftrags die gesamten Gebühren höher sind als bei der sofortigen Annahme eines Prozessauftrags. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Rahmen des Mandates umfangreic...

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