Rz. 26

Durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird die Staatskasse von Gesetzes wegen verpflichtet, die Entlohnung des beigeordneten Anwalts bis zur Höhe der Grundvergütung (§ 49) sicherzustellen und notfalls aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Es handelt sich um eine selbstständige Verbindlichkeit, die als (gesetzliche) "Hilfsschuld" neben die (vertragliche) Hauptschuld der Partei tritt, allerdings mit der Besonderheit, dass der Anwalt regelmäßig (siehe Rdn 3 zur Ausnahme) nicht (zuerst) auf die Hauptschuld, sondern nur auf die "Hilfsschuld" zugreifen kann, weil sein Anspruch gegen die Partei grundsätzlich nicht durchsetzbar ist (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Das ändert jedoch nichts an der gesetzlichen Konzeption der Beziehung Anwalt – Partei – Fiskus. Soweit es um die Entlohnung des Anwalts geht, hat die Staatskasse bis zur Höhe der Grundvergütung gleichsam wie bei einer Bürgschaft (auf erstes Anfordern) für die Regelgebühren einzustehen, die aufgrund der anwaltlichen Tätigkeit im Verhältnis zur Partei anfallen.[29] Darüber hinaus gehört es bei Prozesskostenhilfe zu ihren gesetzlichen Aufgaben, an der vollen Vergütung des Anwalts mitzuwirken, soweit die Verhältnisse das hergeben (§ 50).

 

Rz. 27

Aus dieser Gestaltung der Rechtsbeziehung zwischen Staatskasse und dem im Wege der Prozesskostenhilfe (§ 12) beigeordneten Anwalt folgt, dass der Gesetzgeber das Erfüllungsinteresse des Anwalts in den Vordergrund gerückt hat und ein damit kollidierendes Interesse der Staatskasse, für den von ihr aufgebrachten Teil der Vergütung einen Ausgleich zu erlangen, als nachrangig einstuft. Durch die Gleichstellung der Beiordnung nach § 138 FamFG sowie der Bestellung nach § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO mit der Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe (Abs. 1 S. 1) gilt das auch innerhalb dieser Schuldverhältnisse. Dem trägt die Subsidiaritätsklausel zum übergegangenen Anspruch in Abs. 1 S. 2 Rechnung, wie sie sich auch bei der Bürgschaft in § 774 Abs. 1 S. 2 BGB und an anderer Stelle jeweils dort wiederfindet, wo die wirtschaftlichen Belange des Gläubigers gegenüber dem Leistenden als schutzwürdig angesehen werden (vgl. § 426 Abs. 2 S. 2 BGB).

[29] Siehe auch Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, § 59 RVG Rn 7: "Zwischen dem beigeordneten oder bestellten Anwalt und der Staatskasse besteht ein bürgschaftsähnliches Verhältnis."

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