aa) Verfahren nach VV Teil 3

 

Rz. 57

Mit den nach Abs. 5 S. 2, 3 erforderlichen Erklärungen, ob und welche Zahlungen der Anwalt erhalten hat, wird eine Verknüpfung hergestellt zu den anderen Befriedigungsmöglichkeiten des Anwalts, weil diese Einfluss nehmen können auf den Anspruch gegen die Staatskasse. Letztlich soll der beigeordnete oder bestellte Anwalt in Verfahren nach VV Teil 3 nicht besser stehen, als er ohne Beiordnung oder Bestellung stünde (§ 58 Abs. 2). Hier ist sein Anspruch gegen die Staatskasse der Höhe nach begrenzt durch die Regelvergütung. Hat er auf diese bereits Teilbeträge vereinnahmt, die höher sind als die Differenz zwischen der Grundvergütung (§ 49) und der Regelvergütung (§ 13; Unterschiedsbetrag; gesetzliche Definition nach § 50 Abs. 3), so schuldet die Staatskasse nicht mehr die volle Grundvergütung, sondern nur noch den verbleibenden Rest zwischen dem gezahlten Betrag und der vollen Regelvergütung.

 

Beispiel: Die Regelgebühren betragen 1.000 EUR, die Partei hat darauf 400 EUR gezahlt. Die volle Grundvergütung beläuft sich auf 800 EUR.

Der beigeordnete Anwalt kann von der Staatskasse nur noch die Aufstockung der Zahlung bis zu den Regelgebühren, also 600 EUR verlangen. Damit ist seine volle gesetzliche Vergütung erreicht. Die Zahlung der Partei ist zunächst im Interesse des Anwalts einzusetzen, nämlich vorab auf den Unterschiedsbetrag anzurechnen und alsdann zugunsten der Staatskasse mit dem verbleibenden Rest von 200 EUR auf die Grundvergütung von 800 EUR.

bb) Verfahren nach VV Teil 4 bis 6

 

Rz. 58

In Verfahren nach VV Teil 4 bis Teil 6 (Straf- und Bußgeldsachen, sonstige Verfahren) finden diese Grundsätze ebenfalls Anwendung. Maßstab ist hier aber nicht die Regelvergütung als Obergrenze für den Verdienst des Anwalts, sondern der doppelte Betrag derjenigen Vergütung, die ihm aufgrund der Festbeträge für den beigeordneten oder bestellten Anwalt zusteht (§ 58 Abs. 3). Sind die dem Rechtsanwalt nach § 58 Abs. 3 S. 3 verbleibenden Gebühren höher als die im VV vorgesehenen Höchstgebühren eines Wahlanwalts, ist gem. § 58 Abs. 3 S. 4 auch der die Höchstgebühren übersteigende Betrag anzurechnen oder zurückzuzahlen. Auch der Antrag auf Festsetzung der gem. § 51 vom OLG bewilligten Pauschgebühr muss eine Zahlungserklärung enthalten.[126] Da § 58 Abs. 3 S. 1 bei der Prüfung der Anrechnung oder Rückzahlung auf die in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit erhaltenen Zahlungen abstellt, ist in der Zahlungserklärung mitzuteilen, für welche gebührenrechtliche Angelegenheit die Zahlung erfolgt ist.

[126] OLG Karlsruhe AGS 2013, 172; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, § 51 Rn 65.

cc) Person des Zahlenden

 

Rz. 59

Abs. 5 verlangt, dass der Anwalt uneingeschränkt über "Zahlungen" Auskunft geben muss.[127] Von wem gezahlt wurde, bleibt offen. Anzugeben sind daher Zahlungen des Mandanten und von Dritten. Dritte können z.B. Familienangehörige des Mandanten oder dessen unterlegener Gegner sein. Auch vom Prozessgegner an den Rechtsanwalt gezahlte oder beigetriebene Kostenerstattungsansprüche, die der Rechtsanwalt behalten darf, sind anzuzeigen.[128] Tatsächlich umfasst der offene Wortlaut von Abs. 5 S. 2 auch Zahlungen der Staatskasse, weil jeder Leistende eingeschlossen ist. Darzulegen hat er daher auch solche Zahlungen, die er bereits aus der Staatskasse gem. § 47 oder § 44 oder infolge einer früheren Festsetzung erhalten hat. Das folgt ohne weiteres aus seiner Pflicht zur Redlichkeit als Gläubiger, auf eine mögliche Teilerfüllung hinzuweisen und Ansprüche nicht doppelt einzufordern.

[127] Zur Frage, ob die einfache Erklärung, keine Zahlungen erhalten zu haben, zur Glaubhaftmachung ausreicht, vgl. OVG NRW 29.1.2008 – 12 E 1029/07.
[128] BayVGH 5.4.2017 – 19 C 15.2425.

dd) Uneingeschränkte Auskunftspflicht

 

Rz. 60

Auch weshalb gezahlt wurde, ist für die Anzeigepflicht ohne Belang. Es reicht auch nicht aus, im Festsetzungsantrag zu erklären, keine für eine Anrechnung bedeutsamen Zahlungen erhalten zu haben. Nach Abs. 5 S. 2 ist im Antrag ohne diese Einschränkung anzugeben, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt erhalten hat.[129] Nur die frühere Regelung in § 101 Abs. 3 BRAGO verlangte lediglich die Anzeige der Vorschüsse und Zahlungen, die für eine Anrechnung von Bedeutung sind. Diese Regelung hat der Gesetzgeber nicht in Abs. 5 S. 2 übernommen. Abs. 5 S. 2 weicht daher insoweit von § 101 Abs. 3 BRAGO ab, als der Rechtsanwalt uneingeschränkt über Zahlungen Auskunft geben muss. Hierdurch ist klargestellt, dass alle etwaigen Zahlungen und Vorschüsse anzugeben sind und die Anrechnungsprüfung ausschließlich durch das Gericht vorzunehmen ist.[130] Eine vollständige negative Zahlungserklärung in einfachster Form liegt vor, wenn der Rechtsanwalt erklärt, keine Zahlungen erhalten zu haben. Eine Zahlungserklärung ist dann als ausreichend anzuerkennen, wenn aus ihr zweifelsfrei hervorgeht, dass keine Zahlungen oder Zahlungen in zu beziffernder Höhe vereinnahmt worden sind. So kann es beispielsweise ausreichen, dass der Anwalt erklärt "Weitere als etwa nachstehend angegebene Zahlungen habe ich nicht erhalten", wenn nachfolgend hierzu eine Betragsangabe erf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge