Rz. 75

Gegen die Entscheidung des Gerichts ist nach Abs. 4 die sofortige Beschwerde gemäß §§ 304 bis 311a StPO gegeben. Hat das OLG in der Hauptsache erstinstanzlich entschieden und damit auch über die Feststellung der Leistungsfähigkeit, so ist nach § 304 Abs. 4 StPO eine Beschwerde nicht zulässig. Eine weitere Beschwerde ist ebenfalls ausgeschlossen (§ 310 Abs. 2 StPO).[65]

 

Rz. 76

Beschwerdeberechtigt sind sowohl der gerichtlich bestellte Anwalt, wenn die Feststellung der Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise abgelehnt worden ist, als auch der Beschuldigte, soweit die Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise festgestellt worden ist. Erstattungspflichtige Dritte sind nicht beschwerdeberechtigt, da sie nur mittelbar berührt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Staatskasse, der nach § 467 StPO die notwendigen Auslagen des Beschuldigten auferlegt worden sind.[66]

 

Rz. 77

Die Beschwerdefrist beläuft sich gemäß § 311 Abs. 2 StPO auf eine Woche ab Bekanntgabe der Entscheidung über die Feststellung der Leistungsfähigkeit.

 

Rz. 78

Ein Anwaltszwang besteht nicht. Die Beschwerde kann daher auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.[67]

 

Rz. 79

Eine Beschwer ist nicht erforderlich. Soweit angenommen wird, es handele sich um eine Beschwerde über Kosten, die gemäß § 304 Abs. 3 StPO nur zulässig sei, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteige, so ist dies unzutreffend. Die Entscheidung ergeht nicht über die Kosten, sondern über die Leistungsfähigkeit. Über die Kosten selbst wird gerade nicht entschieden. Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Feststellung in vielen Fällen noch gar nicht absehbar ist, in welcher Höhe Ansprüche geltend gemacht werden. Der Pflichtverteidiger ist nicht verpflichtet, in diesem Stadium seine Ansprüche bereits zu beziffern. Auch ein Vergleich mit den Prozesskostenhilfevorschriften spricht gegen eine Beschränkung nach § 304 Abs. 3 StPO. Entscheidungen über die Versagung von Prozesskostenhilfe sind unabhängig von ihrer Beschwer anfechtbar. Im Übrigen wird sich die Frage in der Praxis kaum stellen, da die Differenz zwischen der Wahlverteidigervergütung und der Pflichtverteidigervergütung in der Regel über dem Beschwerdewert liegen dürfte.

[65] OLG Hamm AGS 1998, 7 = JurBüro 1998, 414.
[66] OLG Hamm Rpfleger 1962, 187 m. Anm. Tschischgale; KG JR 1967, 472; OLG Karlsruhe NJW 1968, 857; OLG Köln MDR 1971, 240; OLG Oldenburg NJW 1972, 2323; LG Würzburg JurBüro 1981, 1836; a.A. OLG Düsseldorf Rpfleger 1979, 393, wonach die Staatsanwaltschaft beschwerdeberechtigt sein soll.
[67] Hansens, BRAGO, § 100 Rn 15.

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