Rz. 31

Die Bewilligung ist an ein bestimmtes Rechtsschutzbegehren gebunden, dessen Erfolgsaussicht und Zweckmäßigkeit einer summarischen Prüfung unterzogen wurden (§ 114 ZPO), weshalb es die sachliche Grundlage der Bewilligung darstellt. Wird das Begehren erweitert, so erstreckt sich die Bewilligung nicht von selbst auf diese Erweiterung, weil sie noch nicht Gegenstand einer solchen Prüfung gewesen ist. Vielmehr bedarf es grundsätzlich auch einer Erweiterung der Bewilligung und zunächst einer darauf gerichteten Antragstellung.[49] Das gilt nur dann nicht, wenn durch die Erweiterung keine höheren Kosten anfallen.

 

Beispiel: Die Partei erhält PKH ohne Zahlungsbestimmung für eine Zahlungsklage über 1.530 EUR. Sie erhöht die Klage um 450 EUR auf 1.980 EUR. Die ursprüngliche Klage ist ohne Weiteres begründet, die Mehrforderung hingegen beweisbedürftig.

Es bedarf einer ergänzenden Bewilligung von PKH, obwohl keine Klageänderung im eigentlichen Sinne vorliegt (§ 264 Nr. 2 ZPO) und durch die Klageerweiterung für den Anwalt weder ein Gebührensprung stattfindet noch eine weitere Gebühr entsteht; die Anwaltsgebühren sind vor der Klageerweiterung genauso hoch wie danach. Jedoch fallen durch die Erweiterung – erstmalig – Beweiserhebungskosten an. Insoweit ist das Begehren noch keiner Prüfung nach § 114 ZPO unterzogen worden.

 

Rz. 32

Ob die Änderung eines Rechtsschutzbegehrens von der bisherigen Bewilligung umfasst wird oder infolge Andersartigkeit des Begehrens eine neue Prüfung gemäß § 114 ZPO erfordert, beurteilt sich danach, inwieweit der Abweichung gegenüber dem bisherigen Begehren selbstständige Bedeutung zukommt.[50] Ist sie nur marginal oder wird sie von der bereits vorgenommenen Prüfung nach § 114 ZPO umfasst, so erstreckt sich die Bewilligung auf das geänderte Begehren. Wirft sie hingegen neue sachliche Gesichtspunkte auf, die zu einer anderen Beurteilung der Erfolgsaussicht und Zweckmäßigkeit führen könnten, bedarf es einer neuen Bewilligung.

 

Beispiel: Die Partei erhält PKH ohne Zahlungsbestimmung für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Gegners. Nachdem das Verfahren mehrere Jahre angedauert hat, beziffert sie ihren zwischenzeitlichen Verdienstausfall und begehrt sie insoweit Zahlung.

Das Zahlungsbegehren wird von der Bewilligung nicht umfasst, da diese nur auf der Prüfung beruht, ob eine Ersatzpflicht dem Grunde nach hinreichend wahrscheinlich erscheint. Fraglich ist indes schon, ob ein Anspruch auf Verdienstausfall überhaupt Gegenstand der Prüfung gewesen ist. Jedenfalls ist ein solcher Anspruch noch nicht der Höhe nach geprüft worden, weshalb es eines ergänzenden Bewilligungsbeschlusses bedarf.

Variante: Die Partei hat negative Feststellungsklage erhoben und dafür PKH erhalten. Der Gegner erhebt daraufhin Leistungsklage. Die Partei erklärt die Feststellungsklage für erledigt und beantragt Abweisung der Leistungsklage.

Es bedarf keiner erneuten Bewilligung von PKH, weil der bisherige Beschluss den Abweisungsantrag ohne Weiteres erfasst. Denn Gegenstand der zugrunde liegenden Prüfung ist das Bestehen des Leistungsanspruchs, dessen sich der Gegner berühmt und den er nunmehr mit der Leistungsklage verfolgt.

[49] OLG Koblenz RVGreport 2008, 198; OLG Karlsruhe AnwBl 1987, 340.

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