1. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen (Abs. 1 S. 1)

a) Recht auf Vorschuss

 

Rz. 2

Der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt hat nach § 47 Abs. 1 S. 1 ein Recht auf Vorschuss. Ob und in welcher Höhe er einen Vorschuss verlangt, liegt in seinem Ermessen. Er ist also nicht verpflichtet, einen Vorschuss zu verlangen. Verlangt er ihn aber, liegen die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 vor und enthält der Antrag alle erforderlichen Angaben und Erklärungen, ist der Vorschuss zu gewähren. Der Antrag auf Festsetzung eines Vorschusses kann nur abgelehnt werden, wenn die genannten Voraussetzungen für den Vorschuss nicht vorliegen.

b) Keine Fälligkeit nötig

 

Rz. 3

Abs. 1 S. 1 unterscheidet zwischen Gebühren und Auslagen (Vergütung, § 1 Abs. 1 S. 1). Die Gebühr muss bereits entstanden, braucht aber noch nicht fällig zu sein (siehe § 45 Rdn 58).

Vorschusserhebung bedeutet, dass Kosten bereits vor deren Fälligkeit geltend gemacht werden.[2] Weil gem. § 47 Abs. 1 S. 1 ein Recht auf Vorschuss besteht, muss der gerichtlich beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt bei Geltendmachung von Gebühren und Auslagen vor Eintritt der Fälligkeit auch nicht ausdrücklich erklären, dass er vorschussweise abrechnet.[3] Eine dahingehende Anfrage des Urkundsbeamten ist deshalb überflüssig.

Wann ein Vergütungsanspruch des beigeordneten oder bestellten Anwalts gegen die Staatskasse gegeben ist, wird bei § 45 (siehe § 45 Rdn 30 ff.) erörtert.

[2] Vgl. AG Lichtenberg AGS 2013, 274 = RVGreport 2013, 306.
[3] Vgl. auch BGH 14.12.2017 – VII ZR 253/17.

c) Auslagen

 

Rz. 4

Auslagen sind bereits zu bevorschussen, wenn sie entstanden sind oder ihre Entstehung absehbar ist. Hinreichend erscheint insoweit auch materiell-rechtlich ein Grad von Gewissheit, wie er bei der Glaubhaftmachung gefordert wird, da § 55 Abs. 5 S. 1 dem Anwalt verfahrensrechtlich nicht mehr abverlangt.

2. Verzug als besondere Anspruchsvoraussetzung (Abs. 1 S. 2)

 

Rz. 5

Abs. 1 S. 2 knüpft an § 45 Abs. 2 an. Da der nach § 138 FamFG bzw. § 109 Abs. 3 bzw. § 119a Abs. 6 StVollzG beigeordnete oder nach § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO bestellte Anwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nur erhält, wenn er den (vorrangig) zur Zahlung Verpflichteten in Verzug gesetzt hat (vgl. § 45 Rdn 43 ff.), kann auch ein Vorschussanspruch gegen die Staatskasse nur unter dieser Voraussetzung entstehen.

 

Rz. 6

Verzug mit einer Vorschusszahlung liegt vor, falls der Schuldner auf eine Mahnung des Anwalts nicht zahlt (§ 286 Abs. 1 BGB). Der Mahnung bedarf es nicht, wenn der Anwalt mit dem zur Zahlung Verpflichteten einen bestimmten Zahlungstermin vereinbart hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder wenn dieser den Vorschuss ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Die Mahnung ist ebenso entbehrlich, falls 30 Tage seit Zugang einer Vorschussanforderung vergangen sind (§ 286 Abs. 3 S. 1, 1. Hs. BGB) und der Mandant, soweit er Verbraucher ist (§ 13 BGB), auf diese Rechtsfolge besonders hingewiesen wurde. Eine dieser gängigen Verzugsvarianten sollte der Anwalt im Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 5 S. 1 glaubhaft machen können.

3. Kein Vorschussanspruch bei Beratungshilfe (Abs. 2)

 

Rz. 7

Die sachliche Berechtigung der Regelung, dass bei Beratungshilfe kein Vorschuss verlangt werden kann, folgt aus der geringen Gebührenhöhe (VV 2501 ff.). Der Ausschluss des Vorschussanspruchs bezieht sich ausschließlich auf den Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse, nicht aber auf die beim Rechtsuchenden zu erhebende Beratungshilfegebühr (VV 2500). Dies ist durch das PKH- und Beratungshilfeänderungsgesetz in § 47 Abs. 2 klargestellt worden. Die Beratungshilfegebühr VV 2500 soll als Vorschuss verlangt werden können, und zwar einerseits, um dem Rechtsanwalt nicht das Gebühreneinzugsrisiko aufzubürden, und andererseits, um dem Rechtsuchenden zu vergegenwärtigen, dass er eine Kosten auslösende Leistung in Anspruch nimmt.[4]

[4] BT-Drucks 17/11472, S. 50.

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