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Umstritten war zur BRAGO die Frage, ob die Abtretung der Erstattungsansprüche vor der Aufrechnungserklärung abgegeben sein musste oder ob der Verteidiger auch dann noch in den Genuss des § 43 (vormals: § 96a BRAGO) kommen konnte, wenn er sich nach der Aufrechnungserklärung der Staatskasse die Erstattungsansprüche seines Auftraggebers abtreten ließ. Die gesetzliche Regelung hierzu war unklar. Der Gesetzgeber hatte bei seinen zahlreichen zwischenzeitlichen Novellierungen die Vorschrift des damaligen § 96a BRAGO offenbar stets übersehen. Dies ist jetzt nachgeholt. Auf die ältere Rechtsprechung kann daher nicht mehr zurückgegriffen werden.

Von einem Großteil der Rechtsprechung und Literatur wurde aufgrund der Vorschrift des § 96a BRAGO die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs auch dann noch für zulässig gehalten, wenn die Staatskasse die Aufrechnung bereits erklärt hatte.[22] Diese Ansicht berief sich insbesondere auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift[23] sowie darauf, dass der Verteidiger nicht ausreichend geschützt sei, wenn man eine spätere Aufrechnung nicht ebenfalls berücksichtigen würde.

Ein Großteil der Rechtsprechung hatte dies abgelehnt.[24] Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich war, wie eine erloschene Forderung (§ 389 BGB) noch sollte abgetreten werden können, bestand jedenfalls kein schutzwürdiges Interesse des Anwalts, da er sich beizeiten die Erstattungsansprüche des Auftraggebers hätte abtreten lassen können. Er hat die Möglichkeit, die Abtretung sogleich mit Beginn des Mandats zu vereinbaren und sich die zukünftigen eventuellen Ansprüche abtreten zu lassen. Damit hat er also einen erheblichen Zeitvorsprung vor der Staatskasse, die die Aufrechnung erst nach Rechtskraft der Entscheidung erklären kann. Die Gegenauffassung wollte den Anwalt daher lediglich vor seinen eigenen Versäumnissen schützen. Dazu bestand jedoch kein Anlass. Abgesehen davon war die Gegenauffassung praktisch auch kaum durchführbar.

[22] AG Bamberg AnwBl 1976, 257; AG Bonn AnwBl 1976, 256; KG JurBüro 1978, 543 m. Anm. Mümmler; AG Frankenthal DAR 1978, 194; OLG München Rpfleger 1978, 338; LG Flensburg JurBüro 1979, 67; LG Krefeld AnwBl 1979, 196; AG Tübingen AnwBl 1983, 134; OLG Karlsruhe JurBüro 1985, 884 m. Anm. Mümmler; OLG Karlsruhe Rpfleger 1994, 129; AG Freiburg AnwBl 1984, 267; Wedel, Anm. zu AG Mainz JurBüro 2001, 93.
[23] Siehe hierzu ausführlich die Anm. von Wedel zu AG Mainz JurBüro 2001, 93.
[24] AG München JurBüro 1977, 1248; LG Berlin JurBüro 1977, 1412 m. Anm. Mümmler; LG Bamberg JurBüro 1979, 1029 m. abl. Anm. Mümmler; OLG Düsseldorf JurBüro 1980, 88 m. abl. Anm. Mümmler; OLG Bamberg JurBüro 1980, 89 m. Anm. Mümmler; AG Mainz Rpfleger 1980, 402; LG Mannheim Rpfleger 1981, 411; LG Mainz KostRsp. BRAGO § 96a Nr. 26; OLG Celle NdsRpfl 1984, 218; OLG Braunschweig NdsRpfl 1985, 147; OLG Karlsruhe Rpfleger 1986, 71; OLG Hamm JurBüro 1986, 730; OLG Hamburg AnwBl 1986, 42; OLG Stuttgart JurBüro 1990, 1463 m. abl. Anm. Mümmler; OLG Frankfurt JurBüro 1992, 805; OLG Koblenz KostRsp. BRAGO § 96a Nr. 38; AG Mainz JurBüro 2001, 93 m. abl. Anm. Wedel; OLG Schleswig JurBüro 1979, 1525; JurBüro 1997, 312.

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