Gesetzestext

 

(1) 1In Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gelten die Vorschriften in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend. 2Der Gegenstandswert bestimmt sich nach den Wertvorschriften, die für die Gerichtsgebühren des Verfahrens gelten, in dem vorgelegt wird. 3Das vorlegende Gericht setzt den Gegenstandswert auf Antrag durch Beschluss fest. 4§ 33 Abs. 2 bis 9 gilt entsprechend.

(2) Ist in einem Verfahren, in dem sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten, vorgelegt worden, sind in dem Vorabentscheidungsverfahren die Nummern 4130 und 4132 des Vergütungsverzeichnisses entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahrensgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, wird auf die Verfahrensgebühr des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angerechnet, wenn nicht eine im Verfahrensrecht vorgesehene schriftliche Stellungnahme gegenüber dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften abgegeben wird.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 38 regelt die Gebühren, die ein Rechtsanwalt im Vorabentscheidungsverfahren erhält. Unterschieden wird nach der Art des Ausgangsverfahrens. Danach fallen im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH nach Abs. 1 die für Rechtsmittelverfahren vorgesehenen Gebühren an, wenn im Ausgangsrechtsstreit die Gebühren nach Maßgabe von VV Teil 3 entstehen.

 

Rz. 2

Entstehen im Ausgangsrechtsstreit die Gebühren nach Maßgabe von VV Teil 4, 5, 6, so erhält der Rechtsanwalt im Vorabentscheidungsverfahren nach Abs. 2 die Gebühren in entsprechender Anwendung der Regelungen für die Revision in Strafsachen (VV 4130 und 4132).

 

Rz. 3

In beiden Fällen ist die Verfahrensgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, auf die vor dem EuGH entstehende Verfahrensgebühr anzurechnen (Abs. 3), es sei denn, der Anwalt gibt eine im Verfahrensrecht vorgesehene schriftliche Stellungnahme gegenüber dem EuGH ab.

 

Rz. 4

Entgegen seiner weiter gehenden Überschrift gilt § 38 unmittelbar nur für Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV (früher: Art. 234 EGV oder Art. 177 EGV).

 

Rz. 5

Das Vorabentscheidungsverfahren stellt zwar nur einen Zwischenstreit in dem vor einem einzelstaatlichen Gericht anhängigen Rechtsstreit dar,[1] erfordert aber von dem Rechtsanwalt eine umfangreiche Tätigkeit, die sich schon der äußeren Form nach erheblich von dem Verfahren vor einem deutschen Gericht unterscheidet. Dies wird bereits aus der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union deutlich: Nach Art. 20 der Satzung gliedert sich das Vorabentscheidungsverfahren in ein schriftliches und ein mündliches Verfahren. Das schriftliche Verfahren beginnt nach Art. 23 der Satzung mit der allein dem Gericht eines Mitgliedstaates obliegenden Aufgabe, ein bei ihm anhängiges Verfahren auszusetzen und den EuGH anzurufen. Der Kanzler des Gerichtshofs stellt diese Entscheidung dann den beteiligten Parteien, den Mitgliedstaaten und der Kommission zu und außerdem den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist. Binnen zwei Monaten nach dieser Zustellung können die Parteien, die Mitgliedstaaten, die Kommission und gegebenenfalls die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, von denen die Handlung, deren Gültigkeit oder Auslegung streitig ist, ausgegangen ist, beim Gerichtshof Schriftsätze einreichen oder schriftliche Erklärungen abgeben. Nach Ablauf dieser Frist ist das schriftliche Verfahren beendet.[2] Im Fortgang kann der Gerichtshof nach Art. 24 der Satzung von den Parteien die Vorlage aller Urkunden und die Erteilung aller Auskünfte verlangen, die er für wünschenswert hält, sowie nach Art. 25 der Satzung jederzeit Personen, Personengemeinschaften, Dienststellen, Ausschüsse oder Einrichtungen seiner Wahl mit der Abgabe von Gutachten betrauen. Gemäß Art. 26 der Satzung können Zeugen nach Maßgabe der Verfahrensordnung vernommen werden, nach Art. 29 der Satzung auch vor dem Gericht ihres Wohnsitzes. Das mündliche Verfahren umfasst nach Art. 20 der Satzung die Verlesung des von einem Berichterstatter vorgelegten Berichts, die Anhörung der Bevollmächtigten, Beistände und Anwälte und der Schlussanträge des Generalanwalts durch den Gerichtshof sowie gegebenenfalls die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen. Gemäß Art. 31 der Satzung ist die Verhandlung öffentlich, es sei denn, dass der Gerichtshof von Amts wegen oder auf Antrag der Parteien aus wichtigen Gründen anders beschließt. Nach Art. 36 der Satzung endet das Verfahren durch ein Urteil, welches mit Gründen zu versehen ist. Die nach dieser Verfahrensgestaltung gebotene umfangreiche Tätigkeit des Rechtsanwalts rechtfertigt § 38, nach welchem das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH eine selbstständige Gebührenangelegenheit ist.[3]

 

Rz. 6

§ 38 gilt nicht für Direktklagen (Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV und Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV) von natürlichen und juristischen Personen gegen di...

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