Rz. 269

Während Abs. 2 S. 1 dem Rechtsanwalt "Rechtsmittel" gegen die Wertfestsetzung aus eigenem Recht ermöglicht, bestimmt Abs. 2 S. 2, dass er auch "Rechtsbehelfe" gegen eine "unterbliebene" Wertfestsetzung aus eigenem Recht einzulegen berechtigt ist. Dem Anwalt steht nach Abs. 2 S. 1 die Möglichkeit offen, die Festsetzung des Werts aus eigenem Recht zu beantragen. Wird dieser Antrag zurückgewiesen oder beschließt das Gericht, den Antrag auf Wertfestsetzung nicht zu bescheiden oder überhaupt etwas zu unternehmen, weil es rechtsirrig davon ausgeht, dass es einer Wertfestsetzung aus was für Gründen auch immer nicht bedarf, dann hat der Rechtsanwalt auch hiergegen das Recht, "Rechtsmittel" einzulegen, weil auch die Zurückweisung eines Antrags des Rechtsanwalts auf Wertfestsetzung im weiteren Sinne eine Entscheidung des Gerichts über eine Wertfestsetzung darstellt.

 

Rz. 270

Der Gesetzgeber hat sich in Abs. 2 S. 2 für eine andere Wortwahl entschieden: Der Begriff "Rechtsbehelf" ist weitergehend als "Rechtsmittel". Er trägt dem Umstand Rechnung, dass es – anders als bei der Wertfestsetzung – gegen die unterlassene Wertfestsetzung umfassendere Möglichkeiten gibt, Rechtsbehelfe, wie beispielsweise die Untätigkeitsbeschwerde oder eine Gegenvorstellung, einzulegen. Allerdings sollte die durch den Gesetzgeber möglicherweise bewusst vorgenommene Differenzierung nicht zu eng ausgelegt werden. Anderenfalls würde im Wertfestsetzungsverfahren dem Rechtsanwalt zwar das Beschwerderecht nach § 68 GKG, § 59 FamGKG, § 83 GNotKG, § 31 KostO über Abs. 2 S. 1, nicht aber die gemäß § 69a GKG, § 61 FamGKG, § 84 GNotKG mögliche Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zustehen – ausgehend davon, dass es sich insoweit um einen Rechtsbehelf zur Geltendmachung von Gehörsverletzungen handelt.

 

Rz. 271

Unterlässt das Gericht die Wertfestsetzung, ist deshalb zu prüfen, welche Rechtsbehelfe dagegen, also gegen die Untätigkeit des Gerichts, in Betracht kommen:

I. Gegenvorstellung

 

Rz. 272

Stets möglich ist die Gegenvorstellung, mit der die noch ausstehende Beschlussfassung angeregt werden kann.

II. Untätigkeitsbeschwerde

 

Rz. 273

Daneben kommt die Untätigkeitsbeschwerde in Betracht.[114] Es handelt sich bei ihr um eine Ausnahmebeschwerde wegen pflichtwidriger Untätigkeit des Gerichts. Ihre Zulässigkeit ist verfassungsrechtlich abgesichert.[115]

 

Rz. 274

Verschiedentlich wird stattdessen die Untätigkeit auch als eine konkludente Zurückweisung eines Antrags angesehen, sodass die Beschwerdevoraussetzung des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegeben ist.[116] Dem steht nicht entgegen, dass die sofortige Beschwerde nach dieser Vorschrift voraussetzt, ihre Zulässigkeit müsse im Gesetz ausdrücklich bestimmt sein. Es gibt keine Vorschrift in der Zivilprozessordnung, wonach die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde deren "ausdrückliche" Eröffnung voraussetzt. Bei dieser Formulierung handelt es sich nur um einen stilistischen Missgriff der Gesetzesverfasser, die mit der deutschen Sprache nicht zu Rande gekommen sind.[117]

[114] OLG Saarbrücken MDR 1997, 1062; NJW-RR 1999, 1290; ausführlich dazu E. Schneider, MDR 1998, 254 und 1397; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, § 567 Rn 10.
[116] OLG Hamm JurBüro 1986, 745.
[117] Siehe E. Schneider, ProzRB 2004, 50.

III. Anhörungsrüge

 

Rz. 275

Gegen die unterlassene Wertfestsetzung und ein Schweigen des Gerichts auf einen begründeten Antrag des Rechtsanwalts kann auch Anhörungsrüge erhoben werden (§ 69a GKG; § 61 FamGKG; § 84 GNotKG; § 156a KostO). Die Anhörungsrüge ist befristet und innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Die Anhörungsrüge nach den Kostengesetzen ist – anders als diejenigen nach den Verfahrensordnungen – gerichtsgebührenfrei.

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