I. Verfahren, in denen das GKG nicht anwendbar ist (Abs. 1 S. 1)

1. Geltungsbereich (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 8

Abs. 1 S. 1 findet nur Anwendung auf Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG ist das GKG in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anzuwenden, soweit dies im SGG bestimmt ist. Das SGG regelt in §§ 183, 197a SGG die Verfahren, in denen das GKG und mithin Abs. 1 S. 1 anwendbar ist.

 

Rz. 9

Gehören in einem Rechtszug weder Kläger noch Beklagter zu den in § 183 SGG genannten Personen, so findet nach § 197a Abs. 1 S. 1, 1. Hs. SGG das GKG Anwendung. Ausschlaggebend für die Anwendung des GKG ist mithin, ob eine in § 183 SGG genannte Person an dem Rechtstreit im betreffenden Rechtszug beteiligt ist. Damit findet das GKG gemäß § 183 S. 1 SGG keine Anwendung, wenn an einem Rechtsstreit im betreffenden Rechtszug ein Versicherter, ein Leistungsempfänger, ein Hinterbliebenenleistungsempfänger der gesetzlichen Sozialversicherung oder ein behinderter Mensch in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt ist.

Versicherte i.S.d. § 183 SGG sind die in der Sozialversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, der sozialen Pflegeversicherung und der Arbeitslosenversicherung versicherten Personen nach Maßgabe der besonderen einschlägigen Vorschriften (u.a. §§ 24 ff. SGB III, §§ 5 ff. SGB V, §§ 1 ff. SGB VI, §§ 2 ff. SGB VII) versicherten; dies gilt insbesondere dann, wenn der Streit um den Versichertenstatus als solchen geht. Versicherte sind aber auch die in der privaten Pflegeversicherung versicherten Personen (vgl. § 23 SGB XI), und zwar auch dann, wenn das Versicherungsverhältnis schon beendet ist und nur noch um Beiträge gestritten wird.[6] Leistungsempfänger sind neben den Versicherten genannt, um auch die Berechtigten einzubeziehen, die Leistungen nach SGB II und SGB XII sowie arbeitsförderungsrechtliche Leistungen an Arbeitgeber erhalten.

 

Rz. 10

Auch Arbeitgeber sind in Bezug auf Streitigkeiten über die Umlagepflicht nach dem AAG als Versicherte anzusehen, weil in Bezug auf die Struktur und Zielrichtung des AAG als einer "Entgeltfortzahlungsversicherung" und die vom Gesetzgeber angenommene besondere Schutzbedürftigkeit von Kleinbetrieben insoweit vergleichbare Erwägungen für das Eingreifen des Kostenprivilegs gelten wie bei abhängig beschäftigten Versicherten. Arbeitgeberumlagen in der Entgeltfortzahlungsversicherung sind seit jeher in der Rechtsprechung des BSG materiell als Beitragszahlungen angesehen worden, sodass die betroffenen Zahlungspflichtigen und von den Zahlungen unmittelbar Begünstigten auch im prozessrechtlichen Sinne insoweit als Versicherte angesehen werden können. Die kostenmäßige Privilegierung als Versicherter ist – gleichermaßen für Arbeitgeber – auch dann einschlägig, wenn ein Rechtsstreit über den Versichertenstatus als solchen geführt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Status als Versicherter angestrebt wird oder im Prozess vom Betroffenen selbst verneint wird.[7] Ein Arbeitgeber kann auch dann selbst Versicherter i.S.d. § 183 SGG sein, wenn er einen Streit in seiner Eigenschaft als Versicherter über Rechtsfragen im Zusammenhang mit seiner eigenen Versicherung, z.B. seine gesetzliche Unfallversicherung, führt.[8] Der Rechtsstreit in einem Statusfeststellungsverfahren ist für den klagenden Auftraggeber auch dann kostenprivilegiert, wenn der (kostenprivilegierte) Auftragnehmer dem Rechtstreit nach § 172 SGG beigeladen wurde. Versicherter i.S.v. § 183 Abs. 1 SGG ist auch der Selbstständige, im Rechtstreit um seine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 SGB VI.[9]

Allerdings ist ein in seiner Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer zur Beitragsentrichtung herangezogener Kläger kein Versicherter i.S.d. § 183 SGG.[10] Bei einem Streit um die Befreiung nach § 3 ALG nimmt das LSG Rheinland-Pfalz dagegen das Kostenprivileg an.[11] Auch das Bay. LSG wendet § 183 SGG entsprechend an, da aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung des befreiten Landwirts und seiner Ehefrau eine Gesetzeslücke besteht und ansonsten die Möglichkeit gegeben ist, das Kostenprivileg durch Inanspruchnahme des jeweils andern Ehegatten auszuhebeln.[12] Die Privilegierung nach § 183 SGG greift auch dann, wenn die Versicherteneigenschaft nach dem zum 1.4.2007 durch Art 1 Nr. 2a) cc) GKV-WSG neu geregelten Auffangtatbestand für Nichtversicherte strittig ist.[13]

 

Rz. 11

Ein Arbeitnehmer, der sich mit einer Klage gegen einen aufgrund von § 18 KSchG ergangenen Verwaltungsakt der Bundesagentur für Arbeit wendet, ist kein Versicherter i.S.d. § 183 SGG. Die Regelungen in §§ 17 ff. KSchG verfolgen primär einen arbeitsmarktpolitischen Zweck und dienen nicht dem Individualinteresse des von einer Kündigung bedrohten Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer ist daher nicht berechtigt, gerichtlich gegen Entscheidungen der Bundesagentur nach § 18 KSchG vorzugehen.[14] Für eine Klage eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung ist der Rechtsweg zu den Sozi...

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