Rz. 36

Nach VV 3102 erhält der Rechtsanwalt für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, eine Verfahrensgebühr i.H.v. 60 EUR bis 660 EUR (Mittelgebühr 360 EUR). Ist wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 angefallen, wird diese Gebühr zur Hälfte, bei Betragsrahmengebühren höchstens mit 207 EUR angerechnet (Vorb. 3 Abs. 4). Die bisherige Regelung in VV 3103 entfällt.

 

Rz. 37

Nach VV 3106 erhält der Rechtsanwalt für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, eine Terminsgebühr i.H.v. 60 EUR bis 610 EUR (Mittelgebühr 335 EUR). Die Gebühr entsteht als "fiktive" Terminsgebühr nach der Anmerkung zu VV 3106 auch,

wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird oder
in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (Nr. 1) oder
wenn nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird, dies aber nach der Neuregelung nur, wenn nach § 105 Abs. 2 S. 1 SGG eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann, also die Sache nicht berufungsfähig ist (Nr. 2) oder
wenn in Verfahren, in denen die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, das Verfahren vor dem Sozialgericht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (Nr. 3).
 

Rz. 38

Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGG kann das Gericht nur dann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzung liegt häufig nicht vor, obwohl durch Gerichtsbescheid entschieden wird. Die Beteiligten sind nach § 105 Abs. 1 SGG nur anzuhören, ihre Zustimmung ist nicht erforderlich. Die Neuregelung kann nun dazu führen, dass von dieser Möglichkeit der Erledigung, ohne dass mündlich zu verhandeln wäre, auch aus einem vermeintlichen Gebührenanreiz durch die Sozialgerichte Gebrauch gemacht wird. Eine solche Praxis verkennt die Rechtsfrieden stiftende Funktion der mündlichen Verhandlung.

 

Rz. 39

Die Terminsgebühr beträgt in den Fällen der Anm. zu VV 3106 90 % der in derselben Angelegenheit anfallenden Verfahrensgebühr ohne Berücksichtigung einer Erhöhung nach VV 1008. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Vorb. 3 Abs. 4 ist dagegen unbeachtlich.

 

Rz. 40

Für Verfahren im ersten Rechtszug vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit über die Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86b Abs. 1 SGG sowie über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG finden die dargestellten Betragsrahmengebühren ebenfalls Anwendung. Eine pauschale Herabbemessung des Gebührenrahmens (etwa auf ⅔) ist dabei unzulässig.[65]

[65] Bay. LSG 21.6.2016 – L 15 SF 39/14 E unter Hinw. auf die eigene Rspr. zur alten Rechtslage, Bay. LSG 11.4.2013 – L 15 SF 43/12 B.

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