Rz. 12

Die Vergütung berechnet sich nicht nach dem Wert der anwaltlichen Tätigkeit, wenn das RVG "etwas anderes" bestimmt (vgl. Abs. 1). Solche anderweitigen Bestimmungen kommen in verschiedener Form und an verschiedenen Stellen vor:

a) Vergütungsvereinbarung

 

Rz. 13

Soweit die Parteien eine Vergütungsvereinbarung treffen, ist die vereinbarte Vergütung maßgebend; die Vorschrift des Abs. 1 gilt dann nicht. Möglich ist allerdings, dass sich die Vergütungsvereinbarung lediglich auf die Vereinbarung eines abweichenden Gegenstandswerts oder eines von der gesetzlichen Regelung abweichenden Gebührensatzes beschränkt (siehe § 3a).[1] Dann wiederum sind Wertgebühren nach Abs. 1 zu berechnen.

 

Rz. 14

Ein vergleichbarer Fall liegt bei den Abrechnungsgrundsätzen einzelner Haftpflichtversicherer für die Verkehrsunfallschadensregulierung vor. Hier sind für die Erstattungsansprüche des Geschädigten feste Gebührensätze vorgesehen, während die übrigen Bestimmungen zum Gegenstandswert und zu den Gebührenbeträgen unberührt bleiben.

[1] Siehe ausführlich auch N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 897 ff.

b) Festgebühr

 

Rz. 15

Anstelle von Wertgebühren können auch Festgebühren maßgebend sein. Diese können wiederum betragsmäßig feststehen (z.B. bei der Beratungshilfe nach VV 2500 ff.: 15 EUR, 38,50 EUR, 93,50 EUR und 165 EUR, wobei es sich streng genommen nicht um Gebühren handelt; oder auch die Gebühren des bestellten oder beigeordneten Anwalts in Angelegenheiten nach Teil 4, 5 und 6). Andere Festgebühren enthalten die Bezugnahme auf den Mindestbetrag einer Gebühr (z.B. VV 2201), auf die Verfahrensmittelgebühr (VV 4141, 5115) oder auf die halbe "Schwellengebühr" (Anm. Abs. 1 S. 4 zu VV 1005).

c) Betragsrahmengebühr

 

Rz. 16

Weiterhin sieht das RVG an zahlreichen Stellen Betragsrahmengebühren vor. Dies sind Gebühren, die nach einem Mindest- und einem Höchstbetrag festgelegt sind. Der Anwalt bestimmt dann nach § 14 Abs. 1 die in seinem Fall jeweils konkret angemessene Gebühr. Solche Gebühren kommen insbesondere in Straf- und Bußgeldsachen (VV Teil 4 und Teil 5), in den Angelegenheiten nach VV Teil 6 sowie in sozialrechtlichen Angelegenheiten nach § 3 Abs. 1 S. 1 vor.

d) "Angemessene Gebühr"

 

Rz. 17

In VV 2103 a.F. war bis zum 30.6.2006 eine "angemessene" Gebühr vorgesehen. Diese ist mit Wegfall der Gebühren für Beratung und Gutachten zum 1.7.2006 abgeschafft worden.

Die Vereinbarung einer angemessenen Gebühr ist nach § 4 Abs. 3 S. 2 nicht möglich. Es gilt dann die gesetzliche Vergütung[2] (siehe § 4 Rdn 37 f.).

[2] Siehe ausführlich auch N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 1047, 1049 sowie 1469.

e) Vergütung nach BGB

 

Rz. 18

Darüber hinaus verweist das RVG in § 34 Abs. 1 S. 2 an Stelle einer Gebühr auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Es gilt dann § 612 BGB (für Mediation und Beratung) oder § 632 BGB (für Gutachten). Auch hier bestimmt der Anwalt die Höhe seiner Vergütung wiederum nach § 14 Abs. 1.

f) Vergütung nach der StBVV

 

Rz. 19

Schließlich wird in § 35 für die Hilfeleistung bei der Erfüllung allgemeiner Steuerpflichten und bei der Erfüllung steuerlicher Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten auf die §§ 23 bis 39 der StBVV i.V.m. den §§ 10 und 13 der StBVV verwiesen. Daher gilt hier § 2 Abs. 1 nicht. Allerdings sind in den Vorschriften der StBVV, auf die verwiesen wird, zum Teil auch wiederum Gebühren vorgesehen, die sich nach dem Wert richten (§ 10 StBVV). Diese Gebühren werden nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der beruflichen Tätigkeit hat (§ 10 Abs. 1 S. 2 StBVV). Dieser bestimmt sich wiederum nach dem Interesse (§ 10 Abs. 1 S. 3 StBVV). Möglich sind aber auch Zeitvergütungen (§ 14 StBVV).

g) Mindest- und Höchstgebühr, Kappungsgrenze, Schwellengebühr

 

Rz. 20

Soweit das RVG von Mindest- oder Höchstgebühren spricht, handelt es sich nicht um selbstständige Gebühren, sondern lediglich um Mindest- oder Höchstgrenzen, innerhalb derer der Anwalt die Wahl hat, die konkrete Gebühr festzusetzen.

 

Rz. 21

Das Gleiche gilt für die sog. Kappungsgrenze für Beratung und Gutachten gegenüber einem Verbraucher (250 EUR) und der sog. Erstberatungsgebühr (190 EUR) nach § 34 Abs. 1 S. 3. Auch hier handelt es sich nicht um eine Gebühr, sondern lediglich um einen gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbetrag, den der Anwalt bei seiner Gebührenbemessung nach § 14 Abs. 1 nicht überschreiten darf (siehe § 34 Rdn 115 f.).

 

Rz. 22

Mit dem RVG neu eingeführt wurde die sog. Schwellengebühr, die das VV sowohl bei Satzrahmen (Anm. zu VV 2300: 1,3) als auch bei Betragsrahmen (Anm. zu VV 2302: 359 EUR) kennt. Hierbei handelt es sich ebenfalls nicht um eine Gebühr, sondern um einen Höchstsatz, der nur unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden darf.

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