Gesetzestext

 

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) 1Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. 2Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 2 normiert in Abs. 1 den Grundsatz, dass sich die Gebühren des Rechtsanwalts nach dem Wert seiner Tätigkeit berechnen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie enthält zudem die Legaldefinition des Begriffs des Gegenstandswerts.

 

Rz. 2

In Abs. 2 S. 1 wird zur Höhe der Vergütung auf das Vergütungsverzeichnis (VV) verwiesen, in dem die Vergütung des Anwalts (§ 1 Abs. 1 S. 1), also die einzelnen Gebührentatbestände und die Höhe der jeweiligen Gebühren sowie die einzelnen Auslagentatbestände und die Höhe der Auslagen geregelt sind.

 

Rz. 3

Im Vergütungsverzeichnis finden sich darüber hinaus auch ergänzende Regelungen, so etwa zur Gebührenanrechnung (z.B. VV Vorb. 2.3 Abs. 3 bis 6, Vorb. 3 Abs. 3, Anm. Abs. 2 zu VV 4100) oder zum Umfang der Angelegenheit (z.B. VV Vorb. 4.3 Abs. 2 S. 3).

 

Rz. 4

Abs. 2 S. 2 wiederum enthält eine Rundungsvorschrift, die dem Wortlaut nach nur für die Gebühren gilt, aber auch auf Auslagen entsprechend anzuwenden ist.

 

Rz. 5

Richten sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, so muss der Anwalt gemäß § 49b Abs. 5 BRAO vor Annahme des Mandats darauf hinweisen (siehe Rdn 50 ff.).

B. Regelungsgehalt

I. Wertgebühren (Abs. 1)

1. Grundsatz

 

Rz. 6

In Abs. 1 wird der Grundsatz aufgestellt, dass sich die Gebühren des Anwalts nach dem Wert seiner Tätigkeit richten. Dieser Grundsatz wird jedoch sogleich wieder eingeschränkt, nämlich "soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt" (vgl. Rdn 12 ff.).

 

Rz. 7

Für die Vergütungen außerhalb des RVG, also für die Tätigkeiten des Rechtsanwalts in den Eigenschaften nach § 1 Abs. 2, gilt die Vorschrift des Abs. 1 selbstverständlich nicht. Insoweit sind die jeweiligen Vergütungsvorschriften für diese Tätigkeiten maßgebend (siehe § 1 Rdn 159 f.).

2. Grundsatz: Wertgebühren

 

Rz. 8

Wertgebühren sind solche Gebühren, die sich aus den Gebührenbeträgen des § 13 Abs. 1 oder im Falle der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe oder einer anderweitigen Bestellung oder Beiordnung bei Werten von über 4.000 EUR aus den Beträgen des § 49 berechnen. Nach Ermittlung des Gegenstandswerts ist der sich aus der jeweiligen Tabelle ergebende Betrag für die Berechnung der Gebühr zugrunde zu legen.

 

Rz. 9

Die Wertgebühren entstehen nach dem RVG nicht mehr als Bruchteilsgebühren, sondern ausschließlich als Dezimalgebühren. Diese Dezimalgebühren können bei 1,0 liegen und damit genau dem Tabellenbetrag entsprechen (z.B. VV 3334, 3335); sie können darüber liegen (z.B. VV 3104: 1,2; VV 3100: 1,3; VV 3200: 1,6) oder auch darunter (z.B. VV 3309: 0,3; VV 3500: 0,5).

 

Rz. 10

Zum Teil sehen die Gebührentatbestände des VV auch gar keine festen Gebührensätze vor, sondern Satzrahmen (so z.B. in VV 2100: 0,5 bis 1,0; VV 2300: 0,5 bis 2,5). Auch in diesen Fällen berechnen sich die Gebühren nach dem Wert der anwaltlichen Tätigkeit. Dem Anwalt steht lediglich ein Ermessen (§ 14 Abs. 1) bei der Festlegung des von ihm zu fordernden Gebührensatzes zu.

 

Rz. 11

Wertgebühren kommen in erster Linie in zivilrechtlichen und in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten vor, sind aber auch in Sozialsachen (§ 3 Abs. 1 S. 2) möglich. Sogar in Straf- und Bußgeldsachen können Wertgebühren anfallen (VV 4142, 4243 f.; VV 5116).

3. Ausnahmen

 

Rz. 12

Die Vergütung berechnet sich nicht nach dem Wert der anwaltlichen Tätigkeit, wenn das RVG "etwas anderes" bestimmt (vgl. Abs. 1). Solche anderweitigen Bestimmungen kommen in verschiedener Form und an verschiedenen Stellen vor:

a) Vergütungsvereinbarung

 

Rz. 13

Soweit die Parteien eine Vergütungsvereinbarung treffen, ist die vereinbarte Vergütung maßgebend; die Vorschrift des Abs. 1 gilt dann nicht. Möglich ist allerdings, dass sich die Vergütungsvereinbarung lediglich auf die Vereinbarung eines abweichenden Gegenstandswerts oder eines von der gesetzlichen Regelung abweichenden Gebührensatzes beschränkt (siehe § 3a).[1] Dann wiederum sind Wertgebühren nach Abs. 1 zu berechnen.

 

Rz. 14

Ein vergleichbarer Fall liegt bei den Abrechnungsgrundsätzen einzelner Haftpflichtversicherer für die Verkehrsunfallschadensregulierung vor. Hier sind für die Erstattungsansprüche des Geschädigten feste Gebührensätze vorgesehen, während die übrigen Bestimmungen zum Gegenstandswert und zu den Gebührenbeträgen unberührt bleiben.

[1] Siehe ausführlich auch N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 897 ff.

b) Festgebühr

 

Rz. 15

Anstelle von Wertgebühren können auch Festgebühren maßgebend sein. Diese können wiederum betragsmäßig feststehen (z.B. bei der Beratungshilfe nach VV 2500 ff.: 15 EUR, 38,50 EUR, 93,50 EUR und 165 EUR, wobei es sich streng genommen nicht um Gebühren handelt; oder auch die Gebühren des bestellten oder beigeordneten Anwalts in Angelegenheiten nach Teil 4, 5 und 6). Andere Festgebühren enthalten die Bezugnahme auf den Mindestbetrag einer Gebühr (z.B. VV 2201), a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge