Rz. 24

Mit dem KostRÄG 2021 ist eine neue Nr. 1b eingefügt worden. Damit soll klargestellt werden, dass die Streitverkündung nach § 72 ZPO mit zum Rechtszug gehört und keine gesonderte Angelegenheit auslöst. Das entspricht der bisherigen einhelligen Auffassung und dient an sich nur der Klarstellung.

 

Rz. 25

In seiner Begründung stellt der Gesetzgeber allerdings klar, dass es sich nur um eine Regelung zur Angelegenheit handelt. Die Streitverkündung eröffnet also für den Anwalt lediglich keine neue Gebührenangelegenheit, die zu gesonderten Gebühren führt. Dies besagt aber nicht, dass der Anwalt im Rahmen der Streitverkündung keine Vergütung erhält.

 

Rz. 26

So kann die Streitverkündung zu einer Erhöhung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit führen, nämlich dann, wenn im Verfahren auch über das Rechtsverhältnis zwischen der streitverkündenden Partei und dem Streitverkündeten Besprechungen geführt werden oder es sogar zu einer Einigung darüber kommt.[34]

 

Rz. 27

Abgesehen davon können aus dem Gegenstand der Streitverkündung im Rahmen der Prozessangelegenheit gesonderte Gebühren anfallen. So kann durch die Streitverkündung ein zusätzlicher nicht anhängiger Gegenstand in den Rechtsstreit eingeführt werden, der die 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1 auslöst oder bei Abschluss eines Vergleichs auch die 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 2. Auch kann die Terminsgebühr aus dem Wert der Streitverkündung entstehen, oder eine Einigungsgebühr, wenn eine Einigung auch über die der Streitverkündung zugrunde liegenden Ansprüche getroffen wird.

 

Rz. 28

 

Beispiel: Der Kläger klagt gegen den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 100.000 EUR. Der Beklagte ist der Auffassung, dass der S für diesen Schaden zur Hälfte mit verantwortlich sei. Daher verkündet er mit dieser Begründung dem S den Streit. Der S tritt dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten bei und beantragt, die Klage abzuweisen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schließen Parteien und der Streithelfer S folgenden Vergleich:

1. Der Beklagte zahlt an den Kläger 80.000 EUR.
2. Der Streithelfer verpflichtet sich, an den Beklagten einen Betrag in Höhe von 30.000 EUR zu zahlen.
3. Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien erledigt sowie sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien und dem Streithelfer.

Zutreffenderweise ist jetzt der Streitwert des Verfahrens auf 100.000 EUR festzusetzen und der Mehrwert des Vergleichs (mit dem Streithelfer) auf 50.000 EUR.

Abzurechnen ist damit für den Anwalt des Beklagten wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 100.000,00 EUR) 2.151,50 EUR  
2. 0,8-Verfahrensgebühr, VV 3101, 3100 (Wert: 50.000,00 EUR) 1.023,20 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,3 aus 150.000,00 EUR   2.518,10 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 150.000,00 EUR)   2.324,70 EUR
4. 1,0-Einigungsgebühr, VV 1003, 1000 (Wert: 100.000,00 EUR) 1.655,00 EUR  
5. 1,5-Einigungsgebühr, VV 1000 (Wert: 50.000,00 EUR) 1.918,50 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 150.000,00 EUR   2.905,50 EUR
6. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 7.768,00 EUR  
7. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   1.475,92 EUR
Gesamt   9.243,92 EUR
 

Rz. 29

Die Rechtsprechung hat sich mit diesem Problem bisher schwer getan. Aufgrund der Gesetzesbegründung zur Neufassung ist zu hoffen, dass sie das Problem erkennt und künftig richtig löst.

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