Entscheidungsstichwort (Thema)

Beförderung. einstweilige Anordnung

 

Verfahrensgang

VG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 19.09.1997; Aktenzeichen 11 B 57/97)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 11. Kammer – vom 19. September 1997 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

 

Gründe

Der Antragsteller ist Kriminaloberkommissar; die Beigeladenen zu 5) und 6) sind Kriminaloberkommissarinnen. Der Antragsgegner beabsichtigte, die Beigeladenen zu 5) und 6) zum 01. Oktober 1997 zu Kriminalhauptkommissarinnen zu befördern, und teilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 20. August 1997 mit, daß dessen Beförderung zum genannten Zeitpunkt nicht beabsichtigt sei. Am 26. August 1997 legte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Gleichzeitig hat er beim Verwaltungsgericht sinngemäß beantragt, dem Antragsgegner vorläufig bis zum Abschluß eines neuen Auswahlverfahrens auch zu untersagen, die Beigeladenen zu 5) und 6) zu Polizeihauptkommissarinnen zu befördern, ohne auch ihn, den Antragsteller, zu befördern. Mit Beschluß vom 19. September 1997 hat das Verwaltungsgericht diesem Antrag mit der Begründung stattgegeben, die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst – GstG – vom 13. Dezember 1994 (GVOBl. S.562 ff.), auf die der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung gestützt habe, sei mit höherrangigem nationalen Recht nicht vereinbar. Der Senat hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners mit Beschluß vom 07. November 1997 zugelassen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung seines Anspruchs auf eine rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung im Ergebnis zu Recht entsprochen.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO, § 920 ZPO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsteilers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zur Seite. Denn eine Beförderung der Beigeladenen zu 5) und 6) zu Polizeihauptkommissarinnen wäre im Falle eines Erfolges des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig zu machen und würde seine, des Antragstellers, Beförderung zum Polizeihauptkommissar voraussichtlich jedenfalls nicht unwesentlich verzögern (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.03.1989 – 2 C 4.87 –, ZBR 1990, 79 m.w.N.).

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch. Er hat Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung. Diesen Anspruch hätte der Antragsgegner bislang nicht erfüllt, wenn die Regelungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 6 GstG, auf die er seine Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 5) und 6) gestützt hat, mit Art. 2 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 09. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen-Richtlinie – (ABl. L. 39, S. 40) unvereinbar wären. Bei summarischer Prüfung sprechen jedenfalls unter Berücksichtigung der bisherigen einschlägigen Rechtsprechung des nach Art. 177 EG-Vertrag für die letztverbindliche Auslegung von Gemeinschaftsrecht allein zuständigen Europäischen Gerichtshofes deutlich überwiegende Gründe für eine derartige Unvereinbarkeit (vgl. zu den Voraussetzungen für den Erlaß einer Sicherungsanordnung bei etwaiger Unvereinbarkeit der maßgeblichen Gesetzesnorm mit höherrangigem nationalen Recht: OVG Berlin, Beschl. v. 16.04.1992 – 4 S 39; 91 –, NVwZ 1992, 1227 f., und OVG Münster, Beschl. v. 10.04.1992 – 12 B 2298/90 –, NVwZ 1992, 1226 f.).

Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 GstG bestimmt, daß bei gleichwertiger Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Frauen vorrangig zu befördern sind, wenn sich in dem angestrebten Beförderungsamt der Laufbahn im Geschäftsbereich der für die Personalauswahl zuständigen Dienststelle weniger Frauen als Männer befinden. Diese Vorschrift gilt gemäß § 6 GstG nicht, wenn in der Person eines Mitbewerbers so schwerwiegende Gründe vorliegen, daß seine Nichtberücksichtigung auch unter Beachtung des Gebotes zur Gleichstellung der Frauen eine unzumutbare Härte bedeuten würde.

Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie beinhaltet der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen, daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts – insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand – erfolgen darf. Die Richtlinie steht nach ihrem Art. 2 Abs. 4 nicht den Maßnahmen zur Förderung...

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