Leitsatz (amtlich)

1. Die auf einem Haushaltsartikel (Müllbeutel) neben einem Warenlogo aufgedruckte Werbeaussage "klimaneutral" lässt nicht darauf schließen, dass das herstellende Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziere.

2. Anders als der unscharfe Begriff der "Umweltfreundlichkeit" enthält der der "Klimaneutralität" eine eindeutige Aussage. Er enthält die Erklärung, dass die damit beworbene Ware eine ausgeglichene CO2-Bilanz aufweist.

3. Die Angabe "klimaneutral" enthält hingegen nicht auch die weitere Erklärung, die ausgeglichene Bilanz werde durch gänzliche Emissionsvermeidung bei der Produktion erreicht. Dies gilt erst recht, wenn die Angabe mit dem deutlich sichtbaren Hinweis verbunden wird, dass zur Herstellung der Klimaneutralität Klimaschutzprojekte unterstützt werden, Erläuternder Hinweise zu Art und Umfang der Kompensationsmaßnahmen bedarf es nicht. Die Werbeaussage "klimaneutral" für eine Ware ist nicht per se irreführend. Das gilt erst recht, wenn zugleich darauf hingewiesen wird, dass die Klimaneutralität durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird.

 

Normenkette

UWG §§ 5, 5a Abs. 2

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen I - des Landgerichts Kiel geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckten Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Beklagte vertreibt unter verschiedenen Marken Haushalts- und Hygieneartikel. Dazu zählen Müllbeutel, die sie unter der eingetragenen Wortmarke X in verschiedenen Varianten anbietet. Die Werbung für Müllbeutel der Produktserie "X klimaneutral" hält der Kläger für unlauter. Nach vergeblicher Abmahnung (Anlagen K4 und K5) hat der Kläger Klage mit dem Antrag erhoben, der Beklagte die Werbung für Müllbeutel mit der Angabe "klimaneutral" zu untersagen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Wegen des weiteren Parteivortrags und der im ersten Rechtszug zuletzt gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage aus den §§ 8 Abs. 1 und 3; 5 Abs. 1; 5a Abs. 2 UWG für begründet gehalten. Indem die Beklagte die Angabe "klimaneutral" neben dem Begriff "X" stelle, werbe sie wahrheitswidrig für ihr Unternehmen als klimaneutral. Für den durchschnittlichen Verbraucher sei nicht erkennbar, dass es sich bei dem Begriff "X" nur um eine Marke handelt und der Zusatz "klimaneutral" für eine Untermarke stehen solle. Er verbinde mit dem Wort "X" vielmehr das Unternehmen der Beklagten und schließe aus dem Zusatz "klimaneutral" - unzutreffend - auf eine klimaneutrale Produktion des Unternehmens. Es könne dahingestellt bleiben, ob das von der Beklagten im Übrigen verwendete Unternehmenslogo anders laute, denn dies schränke die Wirkung des Begriffs "X" nicht ein. Für den durchschnittlichen Verbraucher sei auch nicht ersichtlich, dass durch den Zusatz "klimaneutral" nur eine Untermarke bezeichnet werden solle. Die Kennzeichnung erwecke vielmehr den Eindruck, dass "X" Müllbeutel klimaneutral hergestellt würden. Dass sich die Kennzeichnung nur auf bestimmte Müllbeutel beziehen solle, erkenne der Verbraucher nur durch einen Vergleich der Müllbeutel, soweit diese nebeneinander angeboten würden. Ein solcher Vergleich unterbleibe regelmäßig bei einem derartigen geringwertigen Produkt. Auch wenn allgemein bekannt sei, dass klimaneutral nicht mit emissionsfrei gleichzusetzen sei, sei Klimaneutralität doch mit unterschiedlichen Mitteln zu erreichen. Daher sei es für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, dass er beim Kauf entsprechende Informationen erhalte. Nur so könne er entscheiden, ob er die ergriffenen Maßnahmen für unterstützenswert halte. Der bloße Hinweis auf die Unterstützung von "Goldstandard zertifizierten Klimaschutzprojekten" sei dafür nicht ausreichend. Erforderlich sei die Angabe der Webseite auf der Verpackung oder ein QR-Code, mit dem die Webseite aufgerufen werden könne, die die entsprechenden Informationen enthalte. Das sei bei der von der Beklagten verwendeten Verpackung nicht der Fall, die nur blickfangmäßig Hinweise auf das Unternehmenskonzept in den Vordergrund stelle. Der Hinweis auf die "Subbrand X klimaneutral" trete dagegen in den Hintergrund. Dadurch werde auf der Webseite nur der schon durch die Verpackung hervorgerufene Eindruck verstärkt, dass die Beklagte ein klimaneutrales Unternehmen sei. Nähere Informationen befänden sich erst auf weiteren Unterseiten, was dem Erfordernis eine einfache Informationsmöglichkeit des Verbrauchers nicht genüge. Der Anspruch auf Ersatz der Aufwendung für die Abmahnung sei nach § 13 Abs. 3 UWG begründet.

In der Berufung rügt die Beklagte, dass sie nie für sich in Anspruch genommen habe, als Unternehmen klimaneutral zu sein,...

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