Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatz des Finanzierungsschadens (gezahlte Darlehenszinsen oder entgangener Anlagezins) für eine Kapitalanlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Gericht darf keine andere als die verlangte Schadensart zuerkennen. Der Anspruch auf Ersatz von auf ein zur Finanzierung der Beteiligung aufgenommenes Darlehen gezahlten Zinsen und der Anspruch auf Ersatz entgangener Anlagezinsen betreffen unterschiedliche Streitgegenstände.

2. Der Freihaltungsanspruch ist als Minus (Weniger) im Anspruch auf Zahlung enthalten und ist nicht etwa ein Aliud, d.h. etwas qualitativ anderes. Der Übergang von einem Zahlungs- auf ein Freistellungsbegehren stellt eine bloße Beschränkung des Klageantrags i.S.v. § 264 Nr. 2 ZPO dar.

3. Wird dem Kläger mit dem von dem Beklagten angefochtenen Urteil mehr zugesprochen als er im ersten Rechtszug beantragt hat, macht er sich mit seinem Berufungsantrag, das Rechtsmittel zurückzuweisen, die gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßende Entscheidung regelmäßig zu eigen, worin eine (noch in der Berufungsinstanz mögliche) Klageerweiterung liegt.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1; ZPO § 264 Nr. 2, § 308 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 26.09.2013; Aktenzeichen 7 O 296/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten gegen das am 26.9.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des LG Itzehoe wird das Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und hinsichtlich des Tenors zu 1.) und hinsichtlich der Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 28.926,48 nebst Zinsen hierauf i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 29.9.2011 zu zahlen sowie

den Kläger von Ansprüchen seines Sohnes J. aus den Darlehensverträgen vom 29.12.1999 i.H.v. EUR 5.853,80 freizuhalten.

Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu 1.) abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 16 % und die Beklagte zu 84 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Am 28.6.1999 fand zwischen dem Kläger, seinem Sohn J. und dem Mitarbeiter der Beklagten R. ein Beratungsgespräch statt, in dem der Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger die streitgegenständliche Anlage empfahl. Er schlug des Weiteren vor, dass der Sohn des Klägers diesem zur Finanzierung des Erwerbs der streitgegenständlichen Anlage Darlehen in Höhe der Anlagesumme gewähren sollte, und zwar jeweils i.H.v. DM 25.000 zum 22.7.1999 und zum 1.12.2000. Der Kläger sollte an seinen Sohn Zinsen i.H.v. 6 % p. a. zahlen. In den nachfolgend schriftlich zwischen dem Kläger und seinem Sohn abgeschlossenen beiden Darlehensverträgen vom 29.12.1999 heißt es dazu, die Zinsen seien "jeweils zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres fällig" und das Darlehen werde "für die Dauer von fünf Jahren für beide Seiten unkündbar gewährt".

Mit dem Klageantrag zu 1.) beansprucht der Kläger im Wege des Schadenersatzes die Rückzahlung des Anlagebetrages (DM 52.500 = EUR 26.842,82) sowie der an seinen Sohn, den Zeugen J., gezahlten Darlehenszinsen i.H.v. EUR 18.035,82 (6 % p. a. vom 22.7.1999 bis zum 31.12.2011, zunächst bis zum 30.11.2000 auf EUR 12.782,30, entsprechend DM 25.000,00, sodann vom 1.12.2000 bis 31.12.2011 auf EUR 25.564,59, entsprechend DM 50.000,00) abzgl. gezahlter Ausschüttungen des streitgegenständlichen Fonds i.H.v. EUR 10.097,94.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ausgeführt, dem Kläger stehe jedenfalls wegen der als solcher unstreitigen Nichtaufklärung über Rückvergütungen seitens des Anlageberaters der Beklagten ein Schadensersatzanspruch gegen diese zu. Insoweit und im Hinblick auf die weiteren Urteilsaussprüche, die auf der Verpflichtung zur Rückabwicklung der streitgegenständlichen Anlage beruhen, ist das Urteil rechtskräftig.

Darüber hinaus, nur diese Entscheidung ist im Berufungsrechtszug noch von Interesse, hat das LG dem Kläger Schadensersatz in Form entgangener Zinsen im Falle einer Alternativanlage zugesprochen und ausgeführt, die Beklagte habe den Zinsgewinn zu ersetzen, den der Kläger bei anderweitiger pflichtgemäßer Anlage erzielt hätte. Das Gericht schätze gem. § 287 ZPO, dass er jedenfalls den geltend gemachten Zins anderweitig erzielt hätte.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten:

Das LG habe dem Kläger rechtsfehlerhaft einen Anspruch auf entgangenen Gewinn zugesprochen. Diesen habe der Kläger nicht verlangt und er habe auch keine Tatsachen vorgetragen, die einen solchen Anspruch rechtfertigten. Dementsprechend komme auch keine Schätzung der Höhe der Zinsen gem. § 287 ZPO in Betracht.

Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Erstattung des von ihm behaupteten Zinsschadens i.H.v. EUR 18.035,82 zu. Die Zahlung von Zinsen seitens des Klägers an seinen Sohn sei streitig und der Kläger habe keinen Nachweis für die Zahlung erbracht. Nur der Abschluss der Darlehensverträge und d...

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