Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigung des Eigentümers bei Zwangseinweisung ehemaliger Mieter zur Vermeidung von Obdachlosigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zum "unmittelbaren Zusammenhang" zwischen der ordnungsbehördlichen Einweisung eines bisherigen Mieters in die von ihm genutzte Wohnung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit und in der Wohnung angerichteten Schäden.

 

Normenkette

LVwG Schl.-H. § 220; LVwG Schl.-H. 223 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Urteil vom 09.09.2004; Aktenzeichen 4 O 53/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 21.12.2005; Aktenzeichen III ZR 148/05)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil vom 19.4.2005 wird aufrechterhalten.

Der Kläger trägt die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten gem. § 221 LVwG Entschädigung mit der Begründung, dass die Beklagte ihn gem. § 220 LVwG in Anspruch genommen habe, indem sie die ursprünglichen Mieter seiner Eigentumswohnung D. in diese zur Vermeidung drohender Obdachlosigkeit wieder eingewiesen hätte. Er macht geltend: Die Familie D. habe die Eigentumswohnung beschädigt zurückgelassen. Die Schäden bezifferten sich auf 29.516,88 EUR. Da die Familie D. die Wohnung insgesamt 37 Monate lang innegehabt habe, und zwar 22 Monate lang als Mieter und 15 Monate lang als Eingewiesene, begehre er von der Beklagten als Schadensersatz 15/37 des Betrages von 29.516,88 EUR, also 11.966,43 EUR. Zudem habe die Beklagte zunächst eine Einweisung bis zum 30.11.2001 und dann bis zum 30.6.2002 angeordnet. Im Hinblick auf die am 30.6.2002 auslaufende Einweisung habe er die Wohnung am 15.6.2002 zum 1.7.2002 an Dr. H. vermietet. Mit Bescheid vom 27.6.2002 habe die Beklagte dann die Einweisung bis zum 31.12.2002 verlängert mit der Folge, dass Dr. H. von dem Mietvertrag zurückgetreten sei. Er begehre neben Zahlung von 11.966,43 EUR die Feststellung, dass die Beklagte ihm zum Ersatz der Schäden verpflichtet sei, die ihm aufgrund des Rücktritts des Dr. H. vom Mietvertrag entstanden seien.

Das LG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und wegen der Begründung Bezug genommen wird, abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagziel weiter.

Der Senat hat die Berufung des Klägers durch Versäumnisurteil am 19.4.2005 zurückgewiesen. Der Beklagte hat gegen dieses Urteil mit am 19.4.2005 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil vom 19.4.2005 aufzuheben und

1. die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des LG Itzehoe v. 9.9.2004 - 4 O 53/04 - zu verurteilen, an ihn 11.966,43 EUR nebst 5 % jährlicher Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2002 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den Vermögensschaden zu ersetzen, der ihm aus dem Rücktritt des Dr. Michael H. vom Mietvertrag vom 15.7.2002 entstanden ist

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 19.4.2005 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Der Kläger hat gegen das Versäumnisurteil vom 19.4.2005 rechtzeitig, nämlich innerhalb der gem. §§ 539 Abs. 3, 339 Abs. 1 ZPO zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils betragenden Einspruchsfrist, Einspruch eingelegt mit der Folge, dass über seine Berufung erneut zu entscheiden ist. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Versäumnisurteil vom 19.4.2005 ist aufrechtzuerhalten. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht Zahlung von 11.966,43 EUR beanspruchen (1.). Sein Feststellungsantrag ist zwar zulässig, aber unbegründet (2.).

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage § 221 LVwG kein Anspruch auf Zahlung von 11.966,43 EUR gegen die Beklagte zu. Zwar liegen die in § 221 LVwG bezeichneten Voraussetzungen vor (a.). Eine Entschädigung kann der Kläger gleichwohl nicht beanspruchen (b.).

a) Nach § 221 LVwG kann eine Person, die gem. § 220 LVwG zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr i.S.d. § 174 LVwG in Anspruch genommen worden ist, für den ihr dadurch entstandenen Schaden eine Entschädigung verlangen. Der Kläger ist als Nichtstörer gem. § 220 LVwG durch die Einweisungsbescheide der Beklagten in Anspruch genommen worden, um eine Obdachlosigkeit der Familie D. zu verhindern, die eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit bedeutet hätte.

b) Art, Inhalt und Umfang der gem. § 221 LVwG zu leistenden Entschädigung regelt § 223 LVwG. Nach § 223 Abs. 1 S. 2 LVwG ist für Vermögensnachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der zu entschädigenden Maßnahme stehen, eine Entschädigung nur zu leisten, wenn diese zur Abwendung unbilliger Härten geboten scheint. Die Schäden an der Eigentumswohnung des Klägers, die die Familie D. verursacht haben soll, stehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den wiederholten Ei...

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