Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachteilsausgleich bei Durchführung des begrenzten Realsplittings

 

Leitsatz (redaktionell)

Nachteilsausgleich bei Durchführung des begrenzten Realsplittings nach Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten und Zusammenveranlagung mit dem neuen Ehepartner.

 

Normenkette

BGB § 242; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 1a

 

Verfahrensgang

AG Neumünster (Urteil vom 12.05.2006; Aktenzeichen 48 F 335/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.02.2010; Aktenzeichen XII ZR 104/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Neumünster vom 12.5.2006 teilweise geändert und im Ganzen wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 466 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.2.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 6/7, der Beklagte zu 1/7.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien sind seit dem 4.11.1998 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Der Beklagte ist durch das Urteil des OLG Schleswig vom 22.2.2001 (Az. 13 UF 42/00) verurteilt worden, an die Klägerin Getrenntlebens- und Geschiedenenunterhalt zu zahlen. Die Klägerin hat am 8.5.2002 erneut geheiratet. Der Beklagte zahlte an die Klägerin im Jahr 2003 rückständigen Unterhalt i.H.v. 10.993 EUR.

Die Klägerin ließ sich für das Jahr 2003 mit ihrem Ehemann steuerrechtlich zusammen veranlagen. Das Finanzamt P. setzte gem. dem Steuerbescheid vom 30.4.2004 Steuern i.H.v. insgesamt 982,44 EUR fest. Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.12.2004 bat der Beklagte die Klägerin, die Anlage U zur Einkommenssteuererklärung zu unterzeichnen. Er versicherte gleichzeitig, dass er der Klägerin alle mit der Unterschriftsleistung zusammenhängenden steuerlichen Nachteile von der Hand halten werde. Die Klägerin unterzeichnete die Anlage U. Nachdem der Beklagte die Steuererklärung für das Jahr 2003 abgegeben hatte, in der er seine Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben geltend gemacht hatte, erhielt die Klägerin den geänderten Steuerbescheid vom 6.1.2005, in dem der vom Beklagten gezahlte Unterhalt als sonstige Einkünfte der Klägerin ausgewiesen ist. Die festgesetzten Steuern betragen insgesamt 4.051,05 EUR. Die steuerliche Mehrbelastung ggü. dem ersten Bescheid vom 30.4.2004 beträgt 3.068,61 EUR. Die Klägerin hat ursprünglich in ihrer Klage diesen Betrag vom Beklagten gefordert. Der Beklagte ist nur bereit, 816 EUR an die Klägerin zu erstatten; er hat inzwischen 350 EUR an die Klägerin gezahlt.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, die steuerliche Mehrbelastung sei ausschließlich darauf zurückzuführen, dass der Beklagte im Veranlagungsjahr 2003 rückständigen Unterhalt gezahlt habe. Er habe sich im Verzug befunden und ihr den steuerlichen Nachteil zu ersetzen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.768,61 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.2.2005 abzgl. der am 2.11.2005 gezahlten 50 EUR zu zahlen.

Hinsichtlich der gezahlten 50 EUR hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Der Beklagte hat der Erledigungserklärung zugestimmt und den Klaganspruch i.H.v. 466 EUR anerkannt. Im Übrigen hat er beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass der Steuernachteil, der sich aus der Zusammenveranlagung der Klägerin mit ihrem neuen Ehemann bei der Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen ergeben habe, nicht von ihm zu erstatten sei.

Das AG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen.

Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, das AG befinde sich im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1992, 1050, 1051). Der BGH habe entschieden, dass der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte von dem Unterhaltspflichtigen höchstens den Ausgleich des steuerlichen Nachteils verlangen könne, der ihm bei getrennter Veranlagung der Unterhaltsbezüge entstanden wäre, wenn er für den gleichen Veranlagungszeitraum mit einem neuen Ehegatten die Zusammenveranlagung gewählt habe. Er habe der Klägerin auch keine steuerlichen Vorteile dadurch entzogen, dass er verspätet Unterhalt gezahlt habe. Die Vorteile der Zusammenveranlagung der Klägerin mit ihrem neuen Ehemann seien größer als die Realsplittingnachteile.

Wenn er im Jahr 2002 den Unterhalt gezahlt hätte, wäre dieselbe Situation im Jahr 2002 aufgetreten, da die Klägerin mit Sicherheit mit ihrem neuen Ehemann auch schon für das Jahr 2002 eine gemeinsame steuerliche Veranlagung durchgeführt habe. Die höhere Steuer sei nicht deshalb angefallen, weil er verspätet Unterhalt gezahlt habe, sondern deshalb, ...

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