Leitsatz (amtlich)

1. Eine Wohnungsbesetzungsrecht zur Sicherung betreuten Wohnens kann in der Weise als beschränkt persönliche Dienstbarkeit eingetragen, dass nur wenigstens 60 Jahre alte und vom Dienstbarkeitsberechtigten benannte Nutzer das belastete Grundstück nutzen dürfen.

2. Mit der Benennung kann auch eine Benennungsfiktion dahin verbunden werden, dass als benannt "gilt", wer einen Betreuungsvertrag mit einem bestimmten Betreuungsanbieter abgeschlossen hat.

3. Stellt die Benennungsfiktion ihrem Wortlaut allein auf den "Abschluss" eines Betreuungsvertrages ab, so entfällt sie im Fall einer berechtigten Kündigung des Betreuungsvertrages oder dessen Aufhebung nicht ohne weiteres. Die insoweit bestehende Regelungslücke kann durch ergänzende Auslegung dann nicht gefüllt werden, wenn Anhaltspunkte für die in einem derartigen Fall gewählte Konzeption sich weder aus der grundbuchlichen Eintragung noch aus für jedermann erkennbaren Umständen ergeben.

4. Ein Widerruf der ausgeübten oder fingierten Benennung ist nur möglich, wenn das eingetragene Wohnungsbesetzungsrecht einen derartigen Widerruf selbst vorsieht und Widerrufsgründe aufführt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 305, 309, 1018, 1090

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 13.08.2010; Aktenzeichen 6 O 28/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 21.12.2012; Aktenzeichen V ZR 221/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.8.2010 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Kiel - 6 O 28/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagten Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten im Wesentlichen Unterlassung der Nutzung des Objektes XY in D., weil die Beklagten einen anfänglichen Betreuungsvertrag mit dem Verein "Betreutes Wohnen D. e.V." gekündigt und nicht wieder neu abgeschlossen hätten. Ergänzend begehrt die Klägerin die Feststellung, dass den Beklagten eine Nutzung des benannten Objektes untersagt ist, wenn diese nicht von ihr im Rahmen einer eingetragenen Wohnungsbesetzungsdienstbarkeit als Wohnberechtigte benannt worden sind oder wegen Abschlusses des genannten Betreuungsvertrages als benannt gelten und dieser Betreuungsvertrag auch noch fortbesteht.

Die Klägerin, eine amtsangehörige Gemeinde, verkaufte im Jahr 1997 ein Grundstück an den Bauunternehmer W., der darauf eine Seniorenwohnanlage errichten sollte. Insgesamt wollte die Klägerin mit u.a. dieser Maßnahme einen Seniorenpark mit Betreuungseinrichtungen und einer Begegnungsstätte schaffen. Ausweislich des am 17.6.1997 insoweit zustande gekommenen Grundstückskaufvertrages (UR-Nr. 23/1997 des Notars B., Anlagenband K 1) sollten auf den Teilgebieten 1 und 2 des insoweit maßgeblichen Bebauungsplanes Nr. 11 der Gemeinde eine Seniorenwohnanlage bestehend aus 32 öffentlich geförderten Wohnungen entstehen, auf den Teilgebieten 4, 5 und 6 des Bebauungsplanes hingegen 13 frei finanzierte, seniorengerechte Wohnungen. Alle Bewohner sollten die auf dem Teilgebiet 3 entstehende Altenbegegnungsstätte in Anspruch nehmen können. Die Bewohner sowohl der öffentlich geförderten, als auch der frei finanzierten Wohnungen sollten verpflichtet werden, die Grundleistungen des Betreuungsangebotes in Anspruch zu nehmen. Diese Konzeption sollte gem. § 6 Nr. 11, 12 und 13 des Vertrages durch die Eintragung beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten zugunsten der Klägerin und gem. § 6 Nr. 10 des Vertrages durch die Weitergabe der Verpflichtungen an jeden Rechtsnachfolger sicher gestellt werden. Inhalt der Dienstbarkeiten sollte ein Wohnungsbesetzungsrecht mit folgenden Maßgaben sein:

"Die auf den Teilgebieten 4, 5 und 6 befindlichen Wohnungen dürfen nur an Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben zur Nutzung überlassen werden ...

Die auf den Teilgebieten 4, 5 und 6 befindlichen Wohnungen dürfen nur von Personen genutzt werden, die von der Gemeinde D. benannt werden. Diese Benennung gilt als erteilt für Personen, die oder für die gleichzeitig ein Betreuungsvertrag gem. Anlage 3 mit dem Verein "Betreutes Wohnen D. e.V." oder deren Rechtsnachfolger abschließen bzw. abgeschlossen wird."

Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten entsprechenden Inhalts wurden zugunsten der Klägerin auf dem zunächst noch dem Bauunternehmer W. gehörenden Grundstück gemäß Eintragungsbewilligung vom 25.11.1997 (UR-Nr. 330/1997 (B) des Notars B., K 4 zu 9 O 317/04 LG Kiel) eingetragen. Mit Grundstückskaufvertrag vom 14.4.1999 (UR-Nr. 213/1999 (B) des Notars B., Anlagenband K 2) erwarben die Beklagten unter Übernahme der eingetragenen Dienstbarkeiten ein herauszumessendes Trennstück (Grundbuch von D. Blatt 1550) für eine frei finanzierte Wohneinheit. Auch die Präambel dieses Vertrages verweist auf die Zielsetzung der Erricht...

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